Teil 3

Der Griff zu den Sternen

2 Jahre später


Die vergangenen zwei Jahre hatten das Gesicht des Mars verändert. Die Marsbevölkerung betrug im Frühjahr 2004 ansehnliche 3254 Menschen. Die ersten marsgeborenen Kinder waren in diesem Frühjahr zur Welt gekommen. Neben First Village, das mit 2060 Einwohnern die größte Ansiedlung auf dem Roten Planeten darstellte, waren drei kleinere Dörfer entstanden. Point Lee lag mit 314 Bewohnern im Süden der Chryse Planitia. In dieser ausgedehnten Tiefebene standen die Viking 1- und die Pathfinder-Sonden. Der Name Point Lee ging auf Pascal Lee zurück, der hier im vergangenen Jahr zahlreiche Spuren vergangenen Marslebens entdeckt hatten. In der Mitte des Hellas Beckens auf der Südhalbkugel lag Newton Valley, benannt nach dem englischen Naturwissenschaftler Isaac Newton. Mit derzeit 507 Bewohnern stellte der Ort die zweitgrößte Ansiedlung auf dem Roten Planeten dar. Newton Valley besaß ausgedehnte Gewächshäuser und Nahrungsmittelfabriken. Die restlichen 373 Marsianer lebten in Mariner City am Südrand der Isidis Planitia. Raumsonden vom Mars hatten im vergangenen Jahr den Pluto erreicht und waren in den Kuiper-Gürtel eingeflogen. Eine weitere Sonde war auf dem Jupitermond Europa gelandet. Der Mars verfügte inzwischen über 24 Raumschiffe.

Auf dem Roten Planeten gab es seit vier Monaten auch eine eigene Währung, die ACU (Ares Currency Unit). Man betrieb einen schwunghaften Handel mit den Vereinigten Staaten. Der Mars lieferte hauptsächlich verdichtete Kunststoffe, die aufgrund der fehlenden Technologie auf der Erde nicht herstellbar waren. Im Gegenzug flogen die Raumschiffe mit Gütern des täglichen Bedarfs zurück. Volker Mang, Jörg Schabeck und Joshua Tchao war es gelungen das Geheimnis des Mandelbrotgenerators zu entschlüsseln. Nach wie vor hielten sie die Technik vor den Menschen der Erde streng geheim. Sie hatten herausgefunden, das allein durch die Form des Mandelbrotgenerators eingebrachte Elektronen oder Photonen von der Hülle so reflektiert wurden, dass sie kurz vor der Spitze des Apfelmännchens in ganz bestimmter Weise wieder aufeinander trafen. Im Inneren des Auftreffpunktes wurden die Gesetze des vierdimensionalen Raumes außer Kraft gesetzt, wodurch ein Zugang zur lang vermuteten fünften Dimension entstand. Im umliegenden Einsteinraum fand daraufhin ein Energieausgleich statt, der dafür sorgte, das die Energie der Elementarteilchen vervielfacht wurde. Das Team um Volker Mang hatte daraufhin Experimente mit Mandelbrotgeneratoren gemacht, deren Innenseite verspiegelt war. Die Energieausbeute konnte dadurch verhundertfacht werden! Die Konsequenz aus dieser Entdeckung war kaum vorstellbar. Sie konnten damit Schiffe bauen, die in der Lage sein würden, die Lichtgeschwindigkeit zu erreichen oder sogar zu überschreiten. Der Weg zu den Sternen stand ihnen offen!

Der Verwirklichung dieses Traumes standen jedoch einige theoretische Grundsätze entgegen. Laut der berühmten Formel Albert Einsteins E=mc⊃2; würde nämlich die Masse eines Raumschiffes bei erreichen der Lichtgeschwindigkeit unendlich groß sein. Eine unendlich große Masse stellte einen Faktor dar, der das Raum-Zeit Gefüge des Unsiversums rein theoretisch zum Zusammenbruch bringen konnte. Vor einem praktischen Versuch mussten also zunächst die theorethischen Grundlagen geklärt werden. Und das war eine Aufgabe, an der selbst die genialsten Physiker der Welt bisher gescheitert waren.

Dafür wurde ein anderes Problem gelöst, von dem eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Marsbewohner ausging. Der feine Staub auf dem Mars war der größte Feind der Menschen. Die Körnchen maßen im Mittel zwei Mikron und drangen praktisch überall ein. Die enthaltenen Peroxide zerfraßen alle möglichen Materialien und Quarzstäube stellten eine permanente Gefahr für die menschliche Lunge dar. Ein Marsanzug überlebte maximal zehn EVA's, dann traten winzige Undichtigkeiten auf. Die Rettung bestand in einem Material namens Dust Shield 336. Dabei handelte es sich um einen verdichteten, transparenten Kunststoff, der auf fast allen Materialien haftete. Die Oberfläche der entstehenden Schicht war so glatt, das der Staub keinen Halt fand und einfach ab fiel. Dust Shield war zudem absolut dicht und hielt Temperatur- und Strahlungsschwankungen stand. So wurde ein Problem nach dem anderen gelöst und die Menschen fühlten sich auf dem Mars langsam heimisch. Dazu trug sicher auch die Eröffnung der ersten Schwimm- und Sporthalle in First Village bei. Am 14. Juli 2004 fand dort die erste Marsolympiade statt.

In der darauf folgenden Woche traf sich das Team, das die theoretischen Grundlagen des lichtschnellen Raumfluges klären sollte zu einer Sitzung. Dieser Zusammenkunft waren etliche Stunden theoretischer Arbeit und viele Experimente vorausgegangen. Nun, so glaubte man, sei man in der Lage, einen solchen Flug beschreiben zu können. Bob Zubrin leitete das Meeting, welches sich einer großen Zuhörerschaft erfreute. Eingeladen waren allerdings nur die Insider, die um das Geheimnis des Mandelbrotgenerators wussten. Das war auf dem Mars nicht jeder. Vor allem den Neuankömmlingen wurde ein Einblick in die Technik verwehrt. Auch die regelmäßigen Flüge zur Erde fanden noch immer unter großen Vorsichtsmaßnahmen statt. "Wir können heute mit Recht, wie ich meine behaupten, einem der größten Geheimnisse der Physik auf der Spur zu sein, der Lichtgeschwindigkeit", begann Zubrin, "In den vergangenen Monaten haben sich viele kluge Köpfe mit dem Problem auseinander gesetzt. Wir haben Laborexperimente durchgeführt und eine Menge Kopfschmerzen nach Hause getragen. Heute möchten wir ein Programm bekannt geben, dessen Ausgang vielleicht erst unsere Enkel erleben werden. Wenn alles klappt, werden wir allerdings sehr bald wissen, ob in naher Zukunft Menschen zu den Sternen reisen werden. Ich denke jeder der Anwesenden ist mit den bisher bekannten Effekten der Lichtgeschwindigkeit vertraut. Ich spreche von unendlicher Masse, Zeitdehnung und so weiter. All dies sind scheinbar unüberwindliche Barrieren, die uns die Reise zu den Sternen bislang verwehren." Bei dem Wort "bislang" horchten die Anwesenden auf. Was meinte er damit? Zubrin fuhr fort. "Wenn man zu den Sternen reisen möchte, dann kommt es nicht darauf an, wie schnell man reist oder wie lange. Wir glauben beweisen zu können, dass es darauf ankommt, in welcher Dimension man reist!" Erstauntes Murmeln erhob sich unter den Zuhörern.

Zubrin hob die Hände und bat um Ruhe. "Wir sind sogar noch einen Schritt weiter gekommen. Wir glauben nämlich auch zu wissen, wie man ein Raumschiff in eine andere Dimension versetzt und dort an einem bestimmten Punkt wieder zurück in das Einsteinuniversum holt." Das Gemurmel wurde lauter, Zubrin konnte das Wort "unmöglich" häufig vernehmen. "Alles, was wir in den vergangenen fünf Jahren erreicht haben scheint bereits mehr als phantastisch zu sein. Wahrscheinlich glauben viele unter euch, der Alte hier oben hätte in den letzten Monaten regelmäßig Perry Rhodan Hefte gefrühstückt und mit Tequila runter gespült." Gelächter wurde laut. "Ich kann euch versichern, das dem nicht so ist. Allerdings erfüllt das, was wir euch heute zeigen wollen, alle Klischees eines Science-Fiction Romans, aber mal ehrlich, tun wir das nicht ohnehin schon?" Zubrin begab sich zu einem Gegenstand auf dem Podium, der mit einem Tuch abgedeckt war.

"Das hier", sagte er laut und zog das Tuch herunter, "ist das erste Hyperraumschiff, welches zu einem anderen Stern aufbrechen soll. Es ist wohl bemerkt unbemannt. Ich darf ihnen Wega 1 vorstellen." Einige Zuhörer erhoben sich von ihren Plätzen, um das, was dort zum Vorschein gekommen war, besser sehen zu können. "Diese Sonde", setzte Zubrin seine Rede fort und zeigte auf das seltsame, kleine Etwas, "ist in der Lage in der fünften Dimension zu reisen. Und es scheint wahr zu sein, was man bei Perry Rhodan liest, dort existiert der Faktor Zeit nicht. Das Prinzip ist relativ einfach. Die Sonde wird von einem Mandelbrotgenerator angetrieben, dessen Innenseite verspiegelt ist. Wie ihr wisst erhöht das die Energieausbeute erheblich. Der Trick ist nun, das austretende Photonenfeld nur zeitweise direkt zum Antrieb der Sonde zu verwenden. Stattdessen wird ein zweiter Mandelbrotgenerator bei einer bestimmten Energieabgabe des ersten umgekehrt dahinter geschaltet. Das führt dazu, dass ein bereits fünfdimensionales Feld an der Spitze des zweiten Generators auf ein anderes fünddimensionales Feld trifft. Der Effekt dabei ist, das eine Art Blase im Einsteinuniversum entsteht, in der die darin liegende Materie in den Hyperraum überführt wird. Schaltet man den zweiten Generator wieder aus, fällt die Materie wieder in das vierdimensionale Universum zurück."

Die Zuhörer starrten ihn sprachlos an. Zubrin blickte in die Runde der ungläubigen Gesichter und grinste verlegen. "Ja ääh, so einfach ist das. Wega 1 soll, wie ihr sicher schon erraten habt, unseren 27 Lichtjahre entfernten Nachbarstern besuchen, ein paar Erinnerungsphotos schießen und dann zu uns zurückkehren. Wenn die Sache funktioniert, dann wird die Reise, Moment, ääh 27 Stunden und 43 Minuten dauern." Er grinste die verblüfften Zuhörer wieder verlegen an. "Schaut mich nicht so an, Leute. Ich kann doch auch nichts dafür. Der Start ist für übermorgen, um 9:00 Uhr morgens vorgesehen. Wir erwarten unser Baby dann um 12:43 Uhr am nächsten Tag wieder zurück." Die Zuhörerschaft hatte sich aus ihrer Verblüffung gelöst und die ersten Fragen wurden gestellt. Die Beantwortung überließ er Volker Mang, Jörg Schabeck und Joshua Tchao, die ebenfalls auf dem Podium saßen, aber bislang geschwiegen hatten, Josh hatte mit Heike und Jaqueline eine Computeranimation entworfen, die den Flugverlauf zeigte. In zwei Tagen würde sich herausstellen, ob ihre Arbeit von Erfolg gekrönt sein würde. Sollte das der Fall sein, hatten die Menschen den größten Schritt ihrer Geschichte unternommen. "Schon wieder mal.", dachte Bob Zubrin, als er den Saal verließ.

16. Juli 2004, 8:50h

Die Aufregung des Wega-Teams war nicht zu übersehen. Jörg Schabeck wieselte draußen im Marsanzug um die Sonde herum. Josh überprüfte zum x-ten male das Flugprogramm. Volker Mang ging im Kontrollgebäude des Raumhafens von First Village nervös auf und ab. "Hoffentlich ist das wirklich so einfach, wie ich vorgestern behauptet habe", murmelte Bob Zubrin der gedankenverloren aus dem Fenster blickte. "Wenn nicht klappt halt das Universum zusammen", brummelte Josch ohne vom Bildschirm aufzusehen. "Das wird den lieben Gott mächtig ärgern, wo er doch an diesem seit Milliarden von Jahren herum bastelt", fügte er hinzu. "Aber dich lässt er bestimmt überleben, damit du zur Strafe das nächste Universum jeden Tag bis in alle Ewigkeit putzen darfst", sagte Volker Mang gereizt. Die gespannte Atmosphäre machte ihn noch nervöser, als er ohnehin schon war. "Sind wir Kinder, die mit dem Feuer spielen?", fragte Bob Zubrin vom Fenster her. "Spielen die Menschen nicht mit dem Feuer, seit sie existieren?", kam die Gegenfrage von Josh. Jörg Schabeck kam durch die Luftschleuse herein. "Wega 1 ist fit wie ein Turnschuh", vermeldete er.

16. Juli 2004, 8:59:50h

In alter NASA-Manier begann der Countdown. Bei T-00:00:03 trat das typische gewohnte Lichtfeld aus dem Heck der Sonde aus. Exakt bei 0 erhob sich das kleine Gefährt und schoss in den Marshimmel hinauf. Das war alles. Der Griff zu den Sternen hatte völlig unspektakulär seinen Anfang genommen. Der Eintrittspunkt in den Hyperraum lag 5 Millionen Kilometer vom Mars entfernt. Bei der Beschleunigung der Sonde brauchte man keinerlei Rücksicht auf Lebewesen zu nehmen. Wega 1 flog deshalb von Anfang an mit voller Leistung. Sie erreichte den Eintrittspunkt nach knapp sechs Stunden. An dieser Position warteten bereits die Mars Discovery und die neue Albert Einstein, um den Eintritt zu beobachten. Die Schiffe waren bereits am Vortag aufgebrochen und hatten Stellung bezogen. Nataliya steuerte "ihre" Mars Discovery während Kristian Pauly die Albert Einstein auf Kurs hielt. Seit vier Stunden warteten sie nun auf die Sonde. Sie hatten den Eintrittspunkt auf eventuelle Asteroiden überprüft, die Kameras justiert und die Instrumente vorbereitet. Das Radar der Albert Einstein erfasste die Sonde zuerst. Wega 1 kam pünktlich und auf exaktem Kurs an. In der Sonde registrierte der Computer währenddessen, dass die Eintrittsernergie erreicht war. Der zweite Generator wurde vor den ersten geschwenkt und nahm dessen Austrittsfeld auf. Zwischen den Spitzen öffnete sich die fünfte Dimension in Form einer Blase, die sich auf den doppelten Durchmesser der Sonde ausdehnte.

An Bord der Mars Discovery konnte Klaus Totzek die Sonde auf dem Monitor klar und deutlich erkennen. Plötzlich wurde das Bild unscharf. Wega 1 schien von einer Wasserblase umgeben zu sein. Dann war der Bildschirm plötzlich leer. Die Sonde war verschwunden! "Habt ihr das auch gesehen?", fragte Totzek auf der Albert Einstein an. "Positiv Mars Discovery. Die Konservendose ist weg.", kam die Bestätigung von Sven Knuth. Während die Sonde in den Hyperraum eintrat, schaltete der Computer den Hauptgenerator ab. Dies geschah 34 Millisekunden nach dem sich das Feld aufgebaut hatte. Von nun an verlor der Zeitbegriff jede Bedeutung.

27 Lichtjahre entfernt strahlte der weiße Riesenstern Wega. 120 Millionen Kilometer von dem Stern entfernt entstand aus dem Nichts eine winzige Blase im Einsteinraum und spuckte den ersten Gast vom Mars direkt vor die Sonne. Die Sonde bremste ab und öffnete den Kameradeckel. Licht- und Strahlungssensoren richteten die Kamera auf den Stern aus. Dann begann die Kamera zu arbeiten und nahm Bilder des Sternes auf. Mehrfach wurde der Stern heran und wieder weg gezoomt und in verschiedenen Spektren belichtet. Als letztes wurde die CCD-Kamera auf Weitwinkel gestellt und in den Videomodus umgeschaltet. In einem 40 Sekunden Video schwenkte die Sonde von der Wega weg. Während der ganzen Zeit maßen Sensoren die Strahlung. Wega 1 machte automatisch kehrt und nahm eine größere Entfernung zum Zielstern ein. Wieder arbeitete die Kamera. Das ging noch mehrere Male so, bis der Besucher vom Mars sein Rendezvous mit der Unendlichkeit beendete und einen kleinen gelben Stern anpeilte. Der Hauptgenerator beschleunigte die Sonde mit voller Leistung bis zum Eintrittspunkt. Eine flimmernde Blase war das letzte, was der seltsame Besucher hinterließ.

450.000 Kilometer vom ersten Eintrittspunkt entfernt entstand im Sonnensystem eine Blase im Raum. Auf dem Radar der Mars Discovery erschien die Sonde pünktlich wieder in ihrem Heimatsystem. Jubel brach los, wie schon so oft, wenn sie einen beispiellosen Erfolg zu feiern hatten. Wega 1 nahm den Beifall gelassen hin und zog an den wartenden Schiffen vorbei in Richtung Mars. Dort nahm die Sonde sechs Stunden später Kontakt zur Bodenstation in First Village auf und übergab die Steuerung an die Bodenkontrolle. Josh konzentrierte sich darauf die Sonde zu landen, wurde dabei aber massiv von Jörg Schabeck gestört, der seine alten Plastikspitzohren trug und im Kontrollraum herum hüpfte. Dabei sang er "Stairway to heaven", zumindest konnte man das aus seinem Gebrüll irgendwie heraus interpretieren. Die Sonde kam in Sicht und wurde von Josh exakt dort gelandet, wo sie gestern abgehoben hatte. Jörgs Gesangseinlage verstummte, als dieser sich an sein Kontrollpult setzte, um die Bilder aus dem Speicher von Wega 1 auf den Rechner im Kontrollzentrum zu übertragen.

Im Versammlungssaal stand derweil Bob Zubrin vor ca. 200 Gästen. Das Logo der Mars Society wurde auf die Großbildleinwand am Ende des Saales projiziert. Die Stimmung war freudig erregt, denn gleich sollten die ersten Bilder von der Wega dort zu sehen sein. Sie wussten nicht, was sie dort sehen würden. Nur die drei Menschen im Kontrollzentrum saßen bereits vor den Aufnahmen. Was sie sahen versetzte sie in höchstes Erstaunen. Jörg Schabeck stellte sich vor, was in wenigen Minuten im Sitzungssaal los sein würde. Aufgrund der Kooperation mit der NASA und der ESA wurden die Bilder zeitgleich zur Erde und in den Sitzungssaal übertragen. Die meisten Wissenschaftler auf der Erde waren aus allen Wolken gefallen, als sie über das Projekt informiert wurden. Man traute den Verrückten auf dem Mars ja wirklich schon einiges zu, aber das hier sprengte alle Grenzen. Viele Menschen auf der Erde, vor allem die Wissenschaftler der großen Raumfahrtorganisationen glaubten schlicht und ergreifend nicht, dass die Marsianer zu so einem Flug wirklich in der Lage wären. Sie sollten eines besseren belehrt werden.

Pünktlich um 20:00 Uhr eröffnete Bob Zubrin das Spektakel. Heike und Jaqueline hatten in aller Eile die Präsentation der Bilder vorbereitet. Zunächst ertönte der alte Hit "Stairway to the stars" von The Sweet. Das Logo auf der Leinwand verblasste langsam und Bilder von den Startvorbereitungen von Wega 1 erschienen. Dann folgte die Startsequenz und man sah die Sonde in den Marshimmel aufsteigen. Die nächsten Bilder kamen vom Eintrittspunkt. Der Radarbildschirm der Albert Einstein mit dem Signal der Sonde darauf füllte das Bild aus. Es folgten die Aufnahmen der Mars Discovery, die das Eintreten in den Hyperraum zeigten. Dann trat Bob Zubrin ans Rednerpult. Die Kamera fing ihn ein und übertrug das Bild auf die Leinwand. "Die Bilder, die wir jetzt sehen, stammen nicht nur von weit her, sondern kommen auch direkt von der Wega 1 zu uns. Wir dürfen alle gespannt sein, was uns erwartet. Ich weiß es genauso wenig wie Sie." Das erste Bild war relativ unspektakulär. Es zeigte einen strahlenden Stern. Da für die Zuschauer die Größe nicht abschätzbar war, hätte es ebenso gut die Sonne sein können. Auch die nächsten Bilder zeigten die Wega, jeweils aus anderen Zoomperspektiven. Bob Zubrin und Markus Landgraf kommentierten die Aufnahmen, so gut sie konnten. Dann folgte das Video. "Ein Planet!", rief Markus Landgraf überrascht aus. "Und da noch einer!" Die Kamera schwenkte weiter. Ein Himmelskörper nach dem anderen tauchte auf. Bob Zubrin zählte in der 40 Sekunden dauernden Filmsequenz 14 Planeten. Die Sensation war mehr als perfekt. "Können wir das Video noch einmal wiederholen?", richtete Markus seine Frage an Jaqueline. "Klar", bekam er zur Antwort, "kommt sofort." Erneut lief das Video an. Als der erste Planet auftauchte ließ Bob Zubrin den Film anhalten. Viele Details waren nicht zu erkennen, dafür waren die Auflösung der Bilder und die Vergrößerung zu schlecht. Trotzdem stoppten sie immer dann, wenn ein neuer Himmelskörper ins Bild kam. "Den da haben wir noch mal als Zoomaufnahme auf einem Foto.", bemerkte Heike bei Planet Nr. 9. Sie blendeten die Aufnahme ein. Darauf war ein Wegatrabant in außerordentlicher Schärfe und recht guter Vergrößerung zu sehen. "Das gibt es doch nicht", rutschte es Markus Landgraf heraus, "das das ist ja...." Ihm fehlten die Worte. Der Planet auf dem Bild schimmerte bläulich vor der Schwärze des Weltalls!

Zwei Wochen später

Luke Skywalker, Darth Vader und Chewbaca hockten friedlich beieinander. Die große Mission, die ihnen bevorstand schien sie absolut kalt zu lassen. Das mochte zum einen an dem frischen Salat liegen, zum anderen daran, dass die drei Weltraumhelden nichts von ihrer Mission wussten. Das wiederum hatte sicherlich damit zu tun, dass es sich bei den Helden aus Star Wars um Meerschweinchen handelte. Luke hatte ein braun weiß gezeichnetes Fell und braune Knopfaugen. Das hatte ihm seinen Namen eingebracht. Darth Vader war pechschwarz und schnaufte beim Fressen angestrengt. Chewbaca hatte ein braunes, struppeliges Fell, so das auch sein Name von Anfang an klar war. Heike und Nataliya betrachteten ihre Schützlinge. Sie hatten die Tiere vor vier Wochen von der Erde bekommen und studierten seither deren Verhalten. Im Augenblick hockten die zukünftigen Raumfahrer in ihrem Käfig an Bord von Wega 2. Sie würden die ersten Lebewesen sein, die den Hyperraum bereisten. Der Käfig war mit einer Kamera ausgestattet, die die possierlichen Tierchen während ihres Abenteuers beobachten sollte. "Hoffentlich kommt ihr nicht mit dem Schwanz auf dem Kopf zurück oder so was", sagte Heike und streichelte Darth Vader. Der knabberte glücklich schnaufend an einem Salatblatt und schien sich darüber keinerlei Gedanken zu machen. Nataliya sagte "Macht es gut und haltet die Ohren steif", und verschloss die Kapsel.

Im Kontrollzentrum führten Kian Yazdi und Marcus Senninger diesmal die letzten Kontrollen durch. Neben der Wega 2 wartete auch Wega 1 auf den Start. Beide Sonden sollten zu jenem Stern fliegen, dem sie ihren Namen verdankten. Wega 2 würde zuerst starten, da man den Passagieren zuliebe nicht mit voller Kraft beschleunigen konnte. Der Start von Wega 1 würde fünf Stunden später erfolgen. Die zweite Mission war so geplant, dass Wega 2 90 Millionen Kilometer vom Zentralstern entfernt in des System eintauchen sollte, um nach weiteren Planeten zu forschen. Hauptziel war es aber, die ersten Lebewesen wohlbehalten zum Mars zurück zu bringen. Wega 1 dagegen sollte in eine Umlaufbahn um den geheimnisvollen blauen Planeten einschwenken. Zu diesem Zweck war die Sonde mit einem Bilderkennungssystem, in dem das Foto des Planeten eingespeichert war ausgestattet. Speziell für die Planetenerkundung geeignete Kameras waren ebenfalls eingebaut worden. Um der zu erwartenden Bilderflut gerecht zu werden, war die Festplattenkapazität der Sonde auf 80 Gigabyte erhöht worden. Wega 2 war gerade im Marshimmel verschwunden, als sich die Beobachtungsschiffe vom Eintrittspunkt meldeten. Diesmal waren die Galileo, die Kopernikus und die nagelneue Enrico Fermi vor Ort. Kurz vor dem Eintrittspunkt würden man dort die letzten Bilder aus der Wega 2 empfangen. Hoffentlich ging es den Passagieren gut.

Zunächst einmal hieß es aber warten. Nach fünf Stunden wurde auch Wega 1 auf die Reise geschickt. Beide Sonden erreichten den Eintrittspunkt nahezu gleichzeitig. An Bord der Enrico Fermi nickte der Wissenschaftler Christopher McKay zum letzten mal Luke Skywalker zu, der gerade neugierig die Kamera beschnupperte. Im Abstand von drei Minuten entstanden zwei Blasen im Weltraum und die Sonden waren verschwunden. Auch im Wega-System entstanden zur gleichen Zeit zwei Blasen im Raum. Die beiden Besucher vom Mars orientierten sich und machten sich auf den Weg zu ihren Zielen. Wega 1 lokalisierte den blauen Planeten und änderte den Kurs dorthin. Wega 2 öffnete das Auge ihrer Weitwinkelkamera und begann nach weiteren Planeten zu suchen. Eine Bilderkennungssoftware war darauf programmiert worden, immer dann wenn ein Planet entdeckt wurde eine Teleskopaufnahme des Himmelskörpers zu machen. In ihrem Käfig schliefen die Meerschweinchen still und friedlich. Sie hatten nicht mitbekommen, was geschehen war und wo sie sich nun befanden. Nach elf Stunden trat Wega 2 die Rückreise an. Ihre kleine Schwester begann währenddessen um Wega 9 zu kreisen und die Oberfläche zu fotografieren. Nach weiteren zwölf Stunden landete Wega 2 wieder in First Village. Die Sonde wurde sofort in einen Hangar neben dem Kontrollzentrum gebracht. Aus den Aufnahmen vom Rückflug wusste man bereits, dass es den Passagieren gut ging. Als Heike die Luke öffnete schauten sie drei Augenpaare vorwurfsvoll an. Der Salat war alle.

Terra Nova

Wega 1 kehrte nach drei Wochen zum Mars zurück. Die Festplatten wurden ausgebaut und im Kontrollzentrum ausgewertet. Waren schon die Bilder von Wega 2, die 16 weitere Planeten entdeckt hatte, eine Riesensensation, so übertrumpfte Wega 1 ihre Schwester noch einmal. Wieder wurden die Bilder im Versammlungssaal gezeigt und zur Erde übertragen. Und wieder war atemloses Staunen die Folge. Zunächst erschienen wieder Aufnahmen vom Start und vom Flug. Dann wurden die Aufnahmen von Wega 2 gezeigt. Zwischen den Planetenbildern erschienen immer wieder Luke Skywalker und seine Kameraden. Unter den 16 neuen Planeten befanden sich fünf Gasriesen und ein brauner Zwergstern. Interessant waren auch die Planeten 10 und 11. Einer schimmerte grünlich, während der andere eine Eiswelt zu sein schien. Dann folgte Stille.

Aus den Lautsprechern erscholl die Feuerwerksmusik von Georg Friedrich Händel. Zu dieser Musik tauchten die ersten Bilder von Wega 9 auf. Im Saal regte sich niemand, als weiße Wolken über einem blauen Ozean zu sehen waren. Die erste Nahaufnahme folgte. In dem weiten Meer tauchten Inseln auf. Hunderte von Inseln! Die Kamera von Wega 1 konnte Details bis zu einem Meter auflösen. Eine Insel wurde hereingezoomt. Weiße Strände umgaben üppiges Grün. Das Bild entfernte sich wieder und schwenkte auf einen weißen Wolkenwirbel, offenbar ein Tiefdruckgebiet. Eine Videoaufzeichnung eines Äquatorumlaufes folgte. Am Horizont kam eine größere Landmasse in Sicht. Eine längliche Insel von der Größe Italiens. Hier ragten Berge auf. Aktive Vulkane spien Rauch aus. Auf den nächsten Bildern erschien wieder ein Archipel mit hunderten von kleinen Inseln. Dann kamen Aufnahmen vom Abflug der Sonde. Der blaue Planet wurde zusehends kleiner. Die Musik wurde ausgeblendet und Bob Zubrin trat vor die versammelten Menschen. "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Mir fehlen die angemessenen Worte. Großartig? Wunderschön? Atemberaubend? Ich glaube, Sie alle empfinden mit mir, wenn ich sage: Das hier ist die größte Entdeckung in der Menschheitsgeschichte. Es macht mir bewußt, wie klein und unbedeutend unser Schritt zum Mars war, so großartig unsere Leistung auch gewesen sein mag. Ich stelle mir bei diesen Bildern aber auch tausend Fragen. Existiert dort intelligentes Leben? Wieviele solcher Welten mag das Universum noch beheimaten? Was werden wir dort noch finden?"

Bob drehte sich zu Heike um, die den Käfig mit Luke Skywalker und seinen beiden Begleitern zum Rednerpult brachte. "Ich möchte Ihnen noch drei Helden vorstellen. Gestatten Sie: Luke Skywalker, Darth Vader und Chewbaca. Diese drei haben uns bewiesen, dass die Reise zu den Sternen auch für Menschen möglich ist. Damit haben sie auch bewiesen, dass wir dort draußen die Antworten auf unsere Fragen finden können, wenn wir es nur wollen." Zubrin schloss seine Rede. Wega 9 erschien in einer wunderschönen Totale auf der Leinwand und "Wonderful Land" von Mike Oldfield untermalte das Bild. Ergriffen betrachteten die Zuschauer die fremde Welt. Einige hatten Tränen in den Augen. Auf der Erde spielten sich ähnliche Szenen ab. Die Sendung vom Mars wurde in zahlreichen Ländern gezeigt. Der ganze Planet schien bei diesen Bildern innezuhalten.

Auf dem Mars begannen am nächsten Tag intensive Vorbereitungen für einen bemannten Flug zur Wega. Nach der Entdeckung von Wega 9 hielt es kaum noch jemanden auf den Stühlen. Die geplante Mission umfaßte zwei Raumschiffe, die sich im Notfall gegenseitig Hilfe leisten konnten. Die Enrico Fermi war bereits mit einem entsprechenden Antriebssystem ausgestattet. Das Schiff wurde gerade so umgerüstet, dass es einen unbemannten Flug absolvieren konnte. Man wollte ganz sichergehen, dass auch eine derart große Masse problemlos durch den Hyperraum reisen konnte. Das zweite Schiff befand sich noch in der Werft und stand kurz vor der Fertigstellung. Die Arbeiten wurden mit fieberhafter Intensität vorangetrieben. Wega 1 und 2 flogen noch am selben Tag wieder ab. Sie sollten als Navigations- und Kommunikationssatelliten fungieren. Die Missiondauer war auf drei Monate festgelegt. Auf dem zweiten Schiff sollten Gastastronauten aus den USA und Europa, sowie Russland mitreisen.

Eine Woche später hob die unbemannte Enrico Fermi ab. Ganz unbemannt war sie nicht. Luke Skywalker und sein Team befanden sich an Bord. Die Albert Einstein und die Galileo standen am Eintrittspunkt bereit, um festzustellen, ob sich das große Schiff anders verhielt, als die kleinen Sonden. First Village wimmelte vor Aktivität. Der Sitzungssaal war permanent belegt. Der Missionsablauf, die Ausrüstung, die Besatzungsliste, Notfallpläne und die wissenschaftlichen Tätigkeiten mussten geplant werden. Eine besondere Gruppe, zu der auch Experten der NASA, ESA und RKA zählten, debattierte über Verhaltensweisen für den Fall, dass man auf intelligentes Leben treffen würde. Dabei wurde auch über die Bewaffnung der Expediton gesprochen. Nach drei Tagen kehrte die Enrico Fermi zurück. Schiff und "Besatzung" wurden einer gründlichen Untersuchung unterzogen. Einziges Ergebnis: Darth Vader hatte zugenommen, weil er den anderen einen Großteil des Futters weggefressen hatte.

Eine Woche nach diesen Ereignissen wurde die William Herrschel fertiggestellt. Mit einer Länge von 122 Metern das größte je gebaute Schiff. Die Willam Herrschel verfügte über zwei Decks. Auf dem oberen Deck befanden sich das Cockpit und die Mannschaftskabinen, sowie die wissenschaftliche Station. Das untere Deck umfasste die Maschinen- und Frachträume. Hier waren auch ein Shuttle und der Rover untergebracht. Das Shuttle stellte ebenfalls eine Neuentwicklung dar. Das Schiff hatte eine Länge von 16 Metern und konnte vier Astronauten aufnehmen. Es war, wie seine großen Schwestern auch, in der Lage durch den Hyperraum zu reisen. Die William Herrschel bot Raum für 30 Besatzungsmitglieder. Damit würden 42 Menschen den blauen Planeten der Wega besuchen. Bevor die bemannten Flüge starten konnten, wurden die Sonden Wega 3 und 4 auf den Weg gebracht. Beide Sonden sollten auf Wega 9 nach unbekannten Bakterien und Viren suchen. Erst nach deren Rückkehr und der Auswertung der Daten war eine Startfreigabe für die bemannten Schiffe vorgesehen. Die Gastastronauten waren zwischenzeitlich ebenfalls eingetroffen.

Es zeichnete sich ab, dass der erste interstellare Flug der Menschheit ein Großereignis sein würde. Die Regierungsoberhäupter der USA, Rußlands, Großbritanniens und Deutschlands hatten sich angesagt. Keiner der Gäste hatte sich wahrscheinlich je träumen lassen ins All zu fliegen. Jetzt waren sie eingeladen, auf dem Mars den Aufbruch der Menschen zu den Sternen zu erleben. Den Marsbewohnern machte die ungewohnte Hektik allmählich zu schaffen. Vor dem Besuch der Staatsoberhäupter trafen Vorabdelegationen ein, um alles vorzubereiten. Jeder Tag war angefüllt mit Terminen.

Eines Abends saßen Bob Zubrin, Jörg Schabeck und Kristian Pauly im Red Rock, einem der fünf Pubs, die es in First Village gab. Jörg schaute nachdenklich in sein Bier. "Wißt ihr", sinnierte er, "wenn mir das vor fünf Jahren jemand prophezeit hätte, den hätte ich als Totalausfall gewertet. Und heute? Heute sitzen wir auf dem Mars. Und morgen fliegen wir zur Wega. Wenn ihr euch mal fünf Jahre zurückversetzt, dann klingt das alles völlig bescheuert." Kristian blickte auf und antwortete "Das mag schon sein, aber wir sind hier. Und uns stehen alle Türen offen. Und übrigens, wer war denn damals der Spinner, der aus einer Fraktalgrafik eine Nachtischlampe basteln wollte?" "Stimmt, Jörg ist an allem schuld!", seufzte Bob Zubrin und trank sein Bier aus, "deshalb zahlt er auch die nächste Runde." Bevor das geschah gesellten sich Maggie Zubrin, Heike Wierzchowski, Pascal Lee und Nataliya zu ihnen. "In zwanzig Minuten kommen Wega 3 und 4 rein.", erinnerte Nataliya sie. "Bis dahin schaffen wir noch eine Runde", bemerkte Zubrin, "Und wo unsere Versammlung gerade so charmant bereichert wurde, zahlt Jörg mit Sicherheit noch viel lieber."

Nachdem sie Jörgs Runde ausgetrunken hatten, ging die ganze Gruppe zum Kontrollzentrum. Dort saßen Felix Kalkum und Joshua Tchao und steuerten die Sonden in eine Umlaufbahn um den Mars. Eine Landung war ausgeschlossen, da nicht bekannt war, ob nicht irgendetwas Fieses von Wega 9 mit an Bord war. Als beide Sonden den geostationären Orbit erreicht hatten, begann der Download der Daten. In den Speichern der Sonden befanden sich Abermillionen Datensätze. Die wurden während der nächsten Stunden auf den Zentralcomputer geladen und dort mit allen bekannten Viren- und Bakterienstämmen verglichen. Die Annahme war, dass man überwiegend solche Stämme finden würde, die auch auf der Erde vorkamen. Fand der Computer nichts Vergleichbares, wurde der Stamm als unbekannt markiert. Die Auswertung würde zwei Tage wertvoller Rechnerzeit beanspruchen, aber das erschien absolut notwendig. Nach dem Download wurden beide Sonden in Richtung Sonne in Marsch gesetzt. Dort angekommen, würden sie in der Corona verglühen. Und das würde nicht einmal das härsteste Exobakterium überleben. Als Jörg und Nataliya gegen Mitternacht in ihr Habitat kamen, fühlten sie sich hundemüde. Nataliya ließ sich in einen Sessel fallen und zog die Schuhe aus. "Weißt du", sagte sie, "irgendwie bin ich froh, wenn wir wieder da draußen sind. Dann wird es wieder fast so sein, wie in den Anfangstagen auf dem Mars." "Ja", pflichtete Jörg ihr bei, "außer das wir dann im Paradies landen."

Gipfelsturm

01.Oktober 2004

Beinahe war das Brimborium am Starttag schon zur Gewohnheit geworden. 42 Astronauten standen vor ihren Schiffen. Der riesige Hangar am Raumhafen von First Village war mit Menschen angefüllt. Auf einer Tribüne standen die Gäste von der Erde. Sie wirkten in der hochtechnisierten Umgebung irgendwie fehl am Platze. Bob Zubrin begann mit der ersten Rede. Nach ihm sprach U.S. Präsident Al Gore. Toni Blair, Wladimir Putin und Gerd Schröder schlossen sich an. Nach dem Redemarathon gingen die Besatzungen an Bord. Der Hangar wurde geräumt. Eine durchsichtige Wand riegelte die Tribüne gegen die Marsatmospähre ab, die eindrang, als das Dach geöffnet wurde.

Der Countdown startete bei T-00:05:00. Die Enrico Fermi und die William Herrschel ließen bei T-00:01:00 die Triebwerke an. Am Ende des Countdowns schwebten beide Schiffe senkrecht nach oben, wie das schon hunderte Male zuvor geschehen war. 600 Meter über der Oberfläche zogen die Piloten die Nasen nach oben. Die Haupttriebwerke traten in Aktion und entzogen die Raumschiffe in Windeseile dem Blick der Zuschauer. Am Eintrittspunkt wartete diesmal die halbe Marsflotte. An Bord einiger Schiffe befanden sich Journalisten von der Erde, die über das Ereignis berichteten. Sie sahen, wie sich die Enrico Fermi und die William Herrschel näherten. Präzise an der vorgesehenen Position bildeten sich zwei wabernde Blasen im All und die Sternenreisenden waren verschwunden.

"Wie, das wars?", fragte Bill Turner von der New York Times, "wie soll ich denn damit die Titelseite füllen? "Blubb und weg" in Schriftgröße 204? Und die Schiffe kommen jetzt im Wega-System an?" "Sie sind schon längst da", gab Bruce Boxleitner zurück. "Wahnsinn!", murmelte Turner, "wir krebsen mit unseren Shuttles 200 Kilometer über der Erde herum und verballern dafür Unmengen an Treibstoff und ihr erledigt mit zwei Blubbs 27 Lichtjahre. Was für eine Story!" An Bord der Enrico Fermi befand sich die alte Crew der Mars Discovery. Nur Bob Zubrin war nicht dabei. An seiner Stelle flog Kristian Pauly mit zur Wega. Auf der William Herrschel führte Björn Grieger das Kommando. Mit ihm flogen Felix Kalkum, Carol Stroker, Kian Yazdi, Klaus Totzek und Marcus Senninger. Desweiteren befanden sich Ulrich Walther und Claude Haigneré von der ESA, Linda M. Godwin von der NASA und Michail Tjurin von der RKA mit an Bord. 21 weitere Marsianer vervollständgten die Mannschaft.

Kurz bevor sie den Eintrittspunkt erreichten, herrschte auf beiden Schiffen angespannte Nervosität. Wie würde die Reise durch den Hyperraum sein? Würden sie etwas wahrnehmen? Jeder der jetzt etwas zu tun hatte konnte sich glücklich schätzen. Die Arbeit lenkte von den Ängsten ab. Zeitgleich schalteten sich auf beiden Schiffen die Hypergeneratoren zu. Für einen winzigen Augenblick sah es so aus, als ob sich plötzlich Wasser vor den Fenstern befand. Alle Besatzungsmitglieder sagten später aus, dass sie ein Kribbeln am ganzen Körper gespürt hätten. Bevor jemand die Eindrücke wirklich verarbeiten konnte, war das "Wasser" verschwunden. Vor ihren Augen leuchtete ein heller weißer Stern. Sie hatten die Wega erreicht und praktisch nichts davon gemerkt. Es dauerte eine Weile, bis diese Tatsache in das Bewußtsein der Menschen drang. Die Gedanken an den Eintritt beschäftigten die Gehirne noch, als alles auch schon geschehen war.

Jörg Schabeck realisierte als Erster, wo sie sich befanden. "Wir sind da", sagte er tonlos und starrte verblüfft aus dem Fenster. Nach und nach fand auch der Rest der Crew in die Wirklicheit zurück. Die Stimme von Kristian Pauly drang aus dem Funkempfänger zu ihnen vor. "Enrico Fermi hier spricht William Herrschel, alles klar bei Euch?", kam die Frage herüber. "Ja, wir sind alle wohlauf. Das war ja völlig easy.", funkte Josh zurück. Auf beiden Schiffen gingen kurze Zeit später die Signale von Wega 1 ein. Die Raumschiffe nahmen Kurs auf die Sonde. Während des neunstündigen Fluges schlug die Stunde der Astronomen. Die Teleskope richteten sich nacheinander auf die Planeten der Wega. Der erste Planet umkreiste seinen Heimatstern in einer Entfernung von nur 94 Millionen Kilometern. Der Planet war etwas größer als die Erde und wurde durch die große Nähe zum Mutterstern bis zur Rotglut erhitzt. Die Oberflächentemperatur betrug über 1000°C. Der ganze Planet schien aus Eisen und Nickel zu bestehen. Wega 2 befand sich gerade hinter der Sonne. Wega 3 kreiste in 154 Millionen Kilometer Abstand. Die Analysen zeigte eine kraterübersähte, atmosphärenlose Welt von Merkurgröße. 205 Millionen Kilometer entfernt umrundete Wega 4 seine Heimatsonne. Dieser Planet besaß eine dichte Atmosphäre und wurde als Venustyp eingestuft. Anders als die Venus verfügte er jedoch über einen Mond. Wega 5 befand sich ebenfalls hinter der Sonne. Wega 6 stellte sich als Sandwüste von halber Erdgröße heraus. Er teilte sich seine Umlaufbahn mit Wega 7, der wie ein Zwilling von Nr. 6 wirkte. Wega 8 besaß eine grünliche Atmosphäre, die sich für die Teleskope als undurchdringlich erwies. Der Planet wurde von drei kleinen Monden umkreist. Den Besatzungen beider Schiffe war überhaupt nicht aufgefallen, wie lange sie die Planeten des Riesensystem beoachtet hatten.

Erst als Nataliyas Stimme aus den Lautsprechern drang und ihnen mitteilte, dass das Abbremsmanöver für den Parkorbit um Wega 9 unmittelbar bevorstand, wandten sie sich ihrem Ziel zu. Die Sonden Wega Com 1 und 2 wurden ausgesetzt. Die umbemannten Kleinraumschiffe dienten der Kommunikation mit dem Mars. Da ein gewöhnliches Funksignal mit Lichtgeschwindigkeit durch das All reiste und somit 27 Jahre bis zum Mars benötigte, war der Kontakt nur durch diese Sonden aufrecht zu erhalten. Nachrichten wurden zunächst an Wega 1 oder 2 gesendet. Von dort aus wurde die Botschaft an eine der Kommunikationssonden weitergeleitet. Die angefunkte Sonde würde zum Mars fliegen und die Nachricht dort abstrahlen. Mit der Anwort vom Mars ging es dann zurück zur Wega. Auf diese Art und Weise konnten die Menschen im Sonnensystem schon nach wenigen Stunden Bilder von der Landung sehen. Auf dem Mars hatte ein Team vor Beginn der Mission anhand der Aufnahmen, die Wega 1 nach Hause gebracht hatte, nach geeigneten Landeplätzen gesucht. Auf der großen Insel, die Italien entfernt ähnelte stellten sich sieben Regionen als mögliche Landeplätze heraus. Näheres würden sie erst bei einem Überflug in geringer Höhe feststellen können. Die Schiffe bremsten ihre Orbitalgeschwindigkeit herunter und fielen Wega 9 entgegen. Minuten später tauchten sie in Atmosphäre ein.

2. Oktober 2004
Xian, Volksrepublik China
Die Satellitenüberwachung des chinesischen Raumfahrtzentrums wartete, bis die Spionagesatelliten der Russen, Europäer und Amerikaner ausser Sicht waren. Dann fuhr eine große Halle praktisch komplett zur Seite und gab den Blick in eine gewaltige Grube frei. In der Grube ruhte ein seltsam aussehendes Fluggerät, das an einen Stealth Bomber erinnerte. Das Raumschiff war zwischen zwei Raketen vom Typ Kaitozhe-1 montiert, die als Booster fungierten. Unter dem Schiff befand sich ein riesiger Treibstofftank für die Haupttriebwerke. An Bord befand sich eine Besatzung von drei Taikonauten. Das Schiff war in rötlichen Tarnfarben gestrichen. Nach einem kurzen Countdown erhob es sich auf einem gigantischen Feuerschweif in den Nachthimmel. Zweifellos würden die Amerikaner und Russen den Start registrieren. Aber der war auch ganz offiziell als Teil des chinesischen Shengzhou-Programms bekanntgegeben worden. Das Schiff erreichte seine Umlaufbahn und löste sich von dem Zusatztank. Der ging in einen Erorbit, wo er von den Überwachungsradars auf der Erde klar erfasst wurde. Was nicht erfasst wurde, war das Stealthschiff, das seinen Ionenantrieb aktivierte und sich von der Erde entfernte. Der Zusatztank zündete nach zwei Erdumläufen eine Reihe von Bremsraketen und tauchte wieder in die Atmosphäre ein. Alles sah nach einer ganz normalen Mission des aufstrebenden Reiches der Mitte aus.

Zur gleichen Zeit auf Wega 9
"Dort sieht es gut aus.", sagte Kristian Pauly und zeigte auf eine Sandebene in Küstennähe. "Idyllisches Plätzchen", meinte Kian Yazdi. "Enrico Fermi, seht ihr die Ebene vor uns. Wir denken, dort sollten wir es versuchen", funkte er zum Schwesterschiff herüber. "Okay", drang die Stimme von Jörg Schabeck aus dem Empfänger, "scheint wirklich ein geeignetes Plätzchen zu sein. Wir gehen zuerst runter." Die Enrico Fermi hielt über dem vorgesehenen Landeplatz an und fuhr die Landestützen aus. Die Landung ging problemlos vonstatten. Die große William Herrschel berührte ca. 100 Meter entfernt den Boden von Wega 9. Die Umgebung des Landeplatzes wurde beobachtet. Links von den Schiffen ging die Ebene in einen breiten, paradisischen Strand über. Rechts begann in ca. 400 Metern Entfernung ein dichter Dschungel. Die "Bäume" sahen aus wie Riesenfarne, die 30 Meter in die Höhe ragten. Vor ihnen machte die Küste eine Biegung. Dort ragte eine schwarze Klippe in das Meer hinaus. Hinter den Schiffen schien der Strand endlos weiterzugehen. Im Moment konnten sie nirgends Lebewesen entdecken. Wie schon bei Ihrer Landung auf dem Mars, begannen sie auf beiden Schiffen zu losen, wer der erste Mensch sein würde, der die neue Welt betreten sollte. Die Wahl fiel auf den Russen Michail Tjurin, der ergriffen zwischen seinen Mannschaftskameraden stand. Bevor er sich aber seiner Wahl richtig bewußt wurde, hatte in die Mannschaft schon in die Luft geworfen. Die Landung wurde mit Sekt begossen. Auf der Enrico Fermi ging die Nr. 2 an Nataliya, die gerade wieder in den Armen ihrer Freunde landete. Die beiden Pioniere wurden in die Raumanzüge gesteckt und in die Luftschleusen begleitet. Jaqueline Myhrre stand mit der Kamera bereit, die sie auf die Ausstiegsluke des Nachbarschiffes gerichtet hielt. Die Luke der William Herrschel glitt zur Seite. Michail kam die Treppe herunter und winkte herüber. Dann betrat er Wega 9 mit den Worten "Dies ist der wunderbarste Augenblick meines Lebens. Menschen auf der Erde und auf dem Mars, teilen Sie diesen Moment mit mir. Ich stehe hier für alle Menschen, mitten im Paradies." Nataliya schritt nun ebenfalls die Treppe hinab. Der Russe und die Ukrainerin gingen aufeinander zu und umarmten sich. Sie hörten die Stimme von Markus Landgraf in ihren Helmen. "Ihr könnt die Helme abnehmen. Die Luft ist atembar." Dann hörten sie Heike hinzufügen "Nataliya meine Liebe, das heißt, wir liegen bald im Bikini am Strand."

Michail nahm den Helm ab und sog prüfend Luft ein. Es roch frisch, nach Sonne und Meer. Nach und nach verließen die Besatzungen die Schiffe. Messgeräte wurden aufgestellt und Ausrüstung ausgeladen. Aus dem Wald drangen Geräusche von Lebewesen. Zu sehen war nichts. Das Fehlen von Vögeln fiel auf. Um die Landestelle zu sichern, wurden Waffen ausgegeben. Raubtiere würden sich auch hier wie Raubtiere vehalten. Und sie wußten nicht, womit sie zu rechnen hatten. Nach stundenlanger Arbeit kam Heike tatsächlich im Bikini an den Strand. Beifall und Pfiffe ertönten. Die anderen Frauen taten es ihr gleich, nicht weniger von den Männern mit Beifall bedacht. Irgendwie war es, wie im Urlaub. Das Meer, die Sonne, der endlose blaue Himmel.

Jörg ermahnte die Frauen, sich nicht zu weit von der Landestelle zu entfernen. Er hatte das Bild vor Augen, dass plötzlich ein Tyranno Saurus Rex aus dem Dschungel brach, um diese neue Delikatesse zu kosten. Im angrenzenden Dschungel bewegte sich tatsächlich etwas. Plötzlich stoben hunderte kleiner Vögel aus dem Unterholz und krächzten mit heiseren Stimmen. Das Dickicht teilte sich. Die Menschen trauten ihren Augen nicht. Am Rand des Dschungels standen zwei riesige Tiere, die wie eine Kreuzung zwischen Löwe und Hyäne aussahen. Das seltsamste war jedoch, dass sie auf acht Beinen liefen. "Alles zurück zu den Schiffen!", rief Jörg so laut er konnte. Die Tiere beäugten den Landeplatz mit den hastenden Menschen neugierig, kamen aber nicht näher. Josh zielte mit seiner Railgun in ihre Richtung. Die seltsamen Löwen zogen sich in den Dschungel zurück, nicht recht wissend, ob das was sich dort am Strand befand wirklich lecker war.

In den folgenden Tagen unternahmen die Astronauten mehrere Rundflüge mit dem Shuttle, wobei sie auf zahlreiche Tierarten stießen. Wega 9 schien sich auf einer prähistorischen Entwicklungsstufe zu befinden. Auf intelligentes Leben stießen sie nicht. Am nächsten Tag begannen sie mit dem Aufbau von Habitaten. Ein kleines Dorf entstand, das auf den Namen Paradise Gate getauft wurde. Über einen Namen für den Planeten war noch keine Einigkeit zustande gekommen.


Zwei Wochen später
Peking, Politbüro
Sheng Jiu Fang, der Vorsitzende der KP Chinas und gleichzeitig Ministerpräsident schaute in die Runde. "Nun, ehrenwerte Genossen, was gibt es von unseren Taikonauten zu berichten. Verteidigungsminister Kee Wah Lun meldete sich zu Wort. "Grosser Vorsitzender, die Weisheit unserer Ingenieure verheißt eine gute Reise. Alles verläuft wie geplant. In 82 Tagen wird unser Schiff den Mars erreichen. Und dann werden wir schon bald die Energiequelle, die uns die Marsianer verheimlichen, in Händen halten." Sheng betrachtete seinen Verteidigungsminister eine Weile lang. "Es freut, dass zu hören, Genosse Keh, aber gibt es nicht noch viele Unwägbarkeiten auf dem Weg dorthin?", fragte er. "Ja Genosse Vorsitzender, die gibt es. Aber an Bord befinden sich zwei unserer besten Techniker. Sie wurden zudem zwei Jahre lang ausgebildet, um ihre Aufgabe auf dem Mars auszuführen. Das ganze Unternehmen wurde mit Klugheit und Weitsicht geplant. Wir werden erfolgreich sein", antwortete Keh aus voller Überzeugung. "Wer ist der dritte Taikonaut?", wollte Sheng wissen. Keh lächelte "Eine Hure, Genosse Vorsitzender. Unsere Psychologen hielten es für klug, den Männern auf ihrem Flug sexuelle Vergnügungen nicht zu versagen. Der Flug ist sehr lang und die Moral der Männer könnte leiden. Wir haben dem Mädchen eine fürstliche Belohnung versprochen. Dafür können die Männer während des Fluges mit ihr tun, was sie zu tun wünschen." "Was wird hinterher aus dem Mädchen?", fragte Sheng. Keh lächelte grausam. "Sie wird auf dem Mars entsorgt. Wenn die Männer ihre Aufgabe erfüllt haben, werden sie die Frau auf dem Mars erschießen. Sie ist, sagen wir, nichts weiter als ein Ausrüstungsgegenstand. Ausserdem sind die Systeme auf dem Rückflug nur für zwei Taikonauten ausgelegt." Sheng überlegte, wenn es der Moral der Männer diente war die Hure ein geringer Preis. In China schätzte man Menschenleben und vor allem das von Frauen gering. Die Frau an Bord des Schiffes war nützlich aber wertlos. "Eine grausame aber weise Entscheidung, Genosse.", lobte Sheng und lächelte, "Genossen, wir sind auf dem Weg der Volksrepublik China den Platz auf der Welt zu geben, der ihr zusteht. Die Marsianer wollen ihre Technik nicht hergeben? Dann holen wir sie uns. Wir stehen nicht da, wie die hündischen Amerikaner. Die glauben, dass ihnen die Marsianer ihr Geheimnis zu gegebener Zeit anvertrauen werden. Dafür lecken sie ihnen die Füße mit ihrer Kooperation. Ich frage euch, Genossen: Was wenn die Marsianer ihnen das Geheimnis wirklich verraten? Bevor wir es haben? Was werden diese geldgierigen Imperialisten wohl damit tun? Es zum Nutzen aller Menschen verwenden? Nein, ehrenwerte Genossen! Sie werden es benutzen, um die Welt zu unterjochen. Deshalb müssen wir es uns holen. Mit dem Besitz dieser Technik werden wir die Herren der Welt sein. Und nicht nur dieser Welt. Wir werden zum Mars fliegen und diesen egoistischen Hunden ihre Welt entreißen. Genossen, das Universum gehört uns!" Beifall brandete auf. Wenn das gewagte Unternehmen glückte, würde China groß sein. Größer als alles, was die Welt bisher gesehen hatte.

10. Oktober 2004
Wega 9
Paradise Gate wurde seit gestern von einem Elektrozaun geschützt. In den Nächten zuvor waren die achtbeinigen Löwen dem Lager zunächst nähergekommen, dann hatten sie es durchstreift. Vor vier Tagen waren Linda Godwin und Marcus Senninger einem Angriff knapp entgangen, als sie die Pflanzen am Rande des Dschungels untersuchten. Linda hatte eine böse Bißwunde am Bein davongetragen. Marcus hatte das Raubtier aus kurzer Entfernung erschossen. Leider einen Augenblick zu spät. Heute stand eine Exkursion mit dem Rover bevor. Zur Besatzung zählten Manfred Hettmer, Carol Stroker, Michail Tjurin und Jörg Schabeck. Sie wollten dem Strand nach Süden folgen, um zu sehen, ob der Dschungel sich irgendwo lichtete. Bei ihrem Anflug hatten sie weiter südlich eine savannenartige Gegend ausgemacht.

Eine zweite Expedition begab sich mit einem Schlauchboot auf das Meer hinaus. Das Team bestand aus Markus Landgraf, Pascal Lee und Ulrich Walhter. Sie hatten einen kleinen Unterwasserroboter dabei, der einen Blick unter die Meeresoberfläche werfen sollte. Beide Teams fanden zahlreiche neue Lebewesen, die einerseits fremdartig wirkten, aber andererseits stark an die prähistorischen Tierarten der Erde erinnerten. Die Biologen auf dem Mars und auf der Erde würden allerhand zu tun bekommen. Das Rover-Team entdeckte 40 Kilometer von der Landestelle entfernt einen Weg, auf dem sie in das Landesinnere vordringen konnten. Sie fuhren 10 Kilometer landeinwärts. Unterwegs begegneten ihnen eine ganze Anzahl wundersamer Tiere. Die meisten Geschöpfe waren achtbeinig, es gab aber auch Zwei- und Vierbeiner. Ihr Weg endete an einer Bergkette, die ca. 1000 Meter hoch vor dem Fahrzeug aufragte. Carol Stroker und Michail Tjurin stiegen aus und nahmen einige Pflanzen und Gesteinsproben mit. Dabei stießen sie auf einen kleinen Bach, aus dem sie eine Wasserprobe entnahmen. Carol fischte etwas glitzernders aus dem Bach heraus. "Guck mal Michail, ist das ein Nugget?", fragte sie den Russen. Der nahm das Stück Metall und sah es an. "Das ist Gold.", sagte er, "ist das eigentlich alles, wonach ihr Amerikanskis sucht? Kaum kommt ihr irgendwo hin, fischt irgendeiner von euch Gold aus einem Fluß!" Carol nahm ihm den Nugget wieder weg. "Ja und wir sind gierig danach." Sie lachten und diskutierten auf dem Rückweg darüber, dass beim Vorhandensein von Gold auch andere Schwer- und Edelmetalle da sein müßten.

Zurück im Lager wurden die Funde analysiert und die Ergebnisse an einen der Kommunikationssatelliten gefunkt. Auch das würde im Sonnensystem für Arbeit sorgen. Eine große Frage war, weshalb sich das Leben auf einem 27 Lichtjahre entfernten Wasserplaneten fast so, wie auf der Erde entwickelt hatte. Die Bedingungen auf beiden Planeten waren sehr änhlich, nur das die Landmasse von Wega 9 bedeutend kleiner war, als auf der Erde. Das machte sich vor allem in teilweise heftigen und tagelangen Regengüssen bemerkbar. Auf Wega 9 setzten verschiedene Teams ihre Arbeiten kontnuierlich fort. Sie unternahmen Shuttleflüge zu den Vulkanen und zu kleineren Nachbarinseln, drangen mit dem Rover weiter in die Savanne vor und fuhren mit dem Schlauchboot immer wieder auf das Meer hinaus, um mit dem Tauchroboter die Unterwasserwelt zu erforschen. Es stellte sich heraus, dass die Artenviefalt hier am größten war. So vergingen die Tage im Paradies. Der Planet hörte inzwischen auf den Namen Blue Heaven.

01.Dezember 2004
Der Tag des Abfluges stand bevor. Paradise Gate wurde aufgeräumt und abgesichert, damit spätere Expeditionen den Ort nutzen konnten. Wehmütig blickten die Menschen auf den Strand hinab, über den sich die Schiffe jetzt erhoben. Vollgepackt mit Proben, Erinnerungsstücken und der Sehnsucht nach der urzeitlichen Welt flogen sie zurück zum Mars. Insgesamt gesehen war der Besuch auf Blue Heaven, trotz der umfangreichen Arbeitsaufgaben, wie ein langer abenteuerlicher und wunderbarer Urlaub gewesen. Jeder schwelgte noch in seinen Erinnerungen, als die beiden Schiffen fünf Millionen Kilometer vor dem Mars aus dem Hyperraum kamen. Nach der Landung gab es ein großes Hallo. Die folgenden Tage vergingen mit der Aufbereitung der Ergebnisse. Die Abende vergingen damit, dass die Sternenreisenden in den Pub's ihre Erlebnisse zum Besten gaben. Die Fernsehsender der Erde standen Schlange für ein Interview. Ein Team unter der Leitung von Jaqueline und Heike produzierte einen Dokumentarfilm und eine DVD über die längste Reise der Menschheit. Ein paar Tage später wurde es für die Gastastronauten Zeit, zur Erde zurück zu kehren. In ihren Heimatländern waren sie jetzt schon Superstars. Die Albert Einstein brachte die Gäste zurück zur Andersson Air Force Base in Washington. Dort wurden sie vom amerikanischen Präsidenten begrüßt und mit einer Parade durch Washingtion geleitet.

23.Dezember 2004
Auch auf dem Mars feierten die Menschen das Weihnachtsfest. Und auch auf dem Mars bedeutete das eine Unmenge an Vorbereitungen. Geschenke wurden gekauft, Weihnachtessen vorbereitet und Freunde wurden eingeladen. In dieser Zeit gingen die Geschäfte der Farmer in Newton Valley besonders gut. Die Exobiologin Lydia van Drees war vor einem Jahr aus Belgien auf den Mars gekommen. Sie kontrollierte gerade die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur in einem der sechs Gewächshäuser, die zu ihrer Farm gehörten. Im Norden von Newton Valley lag eine flache Hügelkette. Lydia blickte gerade zufällig dorthin, als sie ein Leuchten wahrnahm, das etwa fünf Minuten anhielt. ‚Ein Meteorit', dachte sie bei sich, ‚und sogar ziemlich nah.' Lydia beschloß den Aufschlag nach First Village zu melden, sobald sie ihre Arbeit erledigt hatte. Sie ging in das nächste Gewächshaus, um ihre Kontrollen fortzusetzen. Im Haus beschäftigte sich ihr Mann Wim van Drees gerade mit der Abrechnung. Das Weihnachtsgeschäft hatte gutes Geld gebracht. Davon konnten sie im nächsten Jahr ein weiteres Gewächshaus kaufen. Wim lehnte sich zufrieden zurück und nahm einen Schluck Wein aus seiner eigenen Produktion. Morgen würden sie Freunde zu Gast haben und da wollte er natürlich nur den besten Wein anbieten. Er nahm noch einen Schluck beließ ihn einen Moment auf der Zunge und dachte ‚Das hier ist so einer. Wirklich lecker.'

Bei dem Leuchten, das Lydia gesehen hatte, handelte es sich keineswegs um einen Meteoriten. Das chinesische Stealth Schiff war auf dem Mars gelandet. Die beiden Männer überprüften Waffen und Ausrüstung. Einer herrschte das Mädchen an "Du bleibst hier, pass auf das Schiff auf und rühr dich ja nicht von der Stelle." Dann verschwanden die Männer in ihren bauxitfarbenen Tarnanzügen. Nachdem sie das Schiff verlassen hatten, verständigten sie sich mit Handzeichen. Einer wies den Weg nach Newton Valley. Die Chinesen liefen los, ohne sich für den Mars zu interessieren. Die geringe Schwerkraft war zunächst ungewohnt, aber die Männer hatten sich während des Fluges in der Schwerelosigkeit fit gehalten. Bis zur Ortschaft mußten sie knapp sieben Kilometer zurücklegen. Sie liefen so schnell es ging, nicht ohne immer wieder in Deckung zu gehen und Ausschau zu halten. Nach einer Stunde tauchte Newton Valley auf. Von jetzt an gingen sie vorsichtiger vor. Immer wieder Deckung suchend näherten sie sich dem Ortsrand. Dort lag eine Farm mit vielen Gewächshäusern. Kurz darauf erreichten sie das erste davon. Die Chinesen suchten routiniert nach einem Eingang. Sie fanden eine Notschleuse an der Rückseite. Das System reagierte auf Knopfdruck. In der Schleuse wurde zunächst der Staub von den Anzügen geblasen. Diese Prozedur hatten man auf dem Mars trotz der Erfindung des Staubschutzfilms beibehalten. Die Innenschleuse öffnete sich und entließ die Eindringlinge. Sie gingen sofort hinter den Weinreben in Deckung. Die Männer öffneten die Helme sprachen aber nicht miteinander. Systematisch durchsuchten sie das Haus, fanden jedoch nichts, was die geheimnisvolle Energiequelle enthalten konnte. Durch die durchsichtigen Wände konnten sie in das Nachbarhaus blicken. Dort stand ein Fahrzeug. "Das ist es!", flüsterte der Mann seinem Kameraden zu. "Da steht eine Frau.", sagte der andere leise und deutete in das Nachbarhaus.

Sie schlichen zum Verbindungsgang. Die Türen standen offen. Lautlos näherten sie sich der Frau, die mit dem Rücken zu ihnen stand und die Pflanzen untersuchte. Sie waren noch zehn Meter von ihrem Opfer entfernt, als einer der Männer mit dem Gewehr irgendwo anstieß. Die Frau drehte sich um und rief fragend "Wim?" Bevor sie ein weiteres Wort herausbrachte, schoss ihr einer der Chinesen mit seiner schallgedämpften Waffe in den Kopf. Lydia van Drees starb, ohne begriffen zu haben, was eigentlich los war. Die Eindinglinge kümmerten sich nicht um die Leiche, sondern wandten sich dem Rover zu. Sie wußten nicht, wonach sie suchten, fanden aber schnell heraus, wie das Fahrzeug aufgebaut war. Die Kraftquelle musste sich im Heck befinden. Dort gab es eine Klappe. Als die Taikonauten sie öffneten sahen sie, das die Verkabelungen der Solarzellen auf dem Dach hier endeten. Das unförmige etwas musste also der geheimisumwitterte Generator sein. "Was, wenn wir mit dem Fahrzeug zurückfahren und den Generator am Schiff ausbauen?", fragte der erste Chinese seinen Kameraden. "Gute Idee, das spart uns den Sauerstoff und wir können in Ruhe arbeiten." Im Haus hatte Wim von Drees wenige Minuten zuvor beschlossen nach seiner Frau zu sehen. Er füllte sein Weinglas nach und schenkte ein zweites für Lydia ein. Fröhlich pfeifend ging er zu den Gewächshäusern. Lydia hatte ihren Palmtop in Nr. 2 an das Hausnetz angeschlossen. ‚Hmm, dachte Wim, ‚ein Gläschen Wein und dann vielleicht ein nettes Stündchen mit Lydia im Rover?' Er kam durch die Tür und sah seine Frau am Boden liegen. Am Rover standen zwei Männer und machten sich daran zu schaffen. Einer drehte sich zu ihm um. Bevor Wim etwas sagen konnte, durchschlug ein Geschoß seine Brust. Ein zweites traf in den Bauch. Die Weingläser fielen aus seinen Händen und er brach zusammen. Auch er starb ohne eine Ahnung von dem, was hier vorging.

An Bord des chinesischen Schiffes langweilte sich des zurückgebliebene Mädchen. Sie begann herumzusuchen, ob sie nicht irgendetwas interessantes fand. Sie fand schließlich einen offenen Briefumschlag, der den Missionsplan enthielt. Natürlich wusste sie, weshalb sie hier waren. Trotzdem begann sie die Unterlagen zu studieren. Das meiste waren technische Unterlagen, die sie nicht verstand. Dann fand sie ein Blatt, dass ihren Namen trug. Stand darin vielleicht die Höhe ihrer Belohnung? Was sie las, war alles andere als das, was sie erwartet hatte. Es war die Anweisung, wie die Männer mit ihr verfahren sollten. Panik ergriff das Mädchen, als sie las, dass man sie erschießen würde. Die Panik schlug jedoch in Wut um, als sie erfuhr, dass sie als "wertlos gewordener Ausrüstungsgegenstand" entsorgt werden sollte. Für einen Augenblick saß sie geschockt da. Sie hatte sich vier lange Monate lang diesen Männern auf jede nur erdenkliche Weise hingegeben, hatte die Schwerelosigkeit und die Raumkrankheit überstanden. Sie hatte es getan, weil man ihr versprochen hatte, sie reich zu machen. Sie hatte es getan, um den schmutzigen Straßen ihrer Heimatstadt Kunschan zu entfliehen. Und jetzt sollte sie hier sterben? Weil sie wertlos war? Nein, sie war nicht wertlos! Und sie wollte leben. Sie würde sich nicht in ihr Schicksal ergeben und auf ihre Schlächter warten. Fieberhaft begann sie ihren Raumanzug anzulegen. Den hatte man ihr gegeben, falls einer der Männer während des Fluges ausfallen sollte. Man hatte sie auch militärisch ausgebildet, damit sie im Notfall mit dem anderen Mann die Mission beenden konnte. Eine Waffe hatte sie nicht. Aus Gewichtsgründen, hatte man ihr gesagt. Jetzt wußte sie es besser. Sie verließ das Schiff ohne zu wissen, was sie als nächsten tun sollte. Die Männer würden bald zurückkommen und ein Kampf mit ihnen wäre sinnlos. Aber wenn sie jetzt einfach loslief, würde sie auf dem Mars sterben. Das Mädchen beschloß den Fußspuren der Männer zu folgen. Die würden sie zu der Marssiedlung führen. Das Gelände bot ausreichend Deckung und die Männer waren nicht darauf gefasst, dass sie ihnen entgegenkam. Es war zwar ein Risiko, aber es schien ihr der beste Weg zu sein. Also lief sie los.

Im Gewächshaus studierten die beiden Chinesen die Kontrollen des Rovers. Die Handhabung war kinderleicht. Der Fahrer steuerte das Gefährt über einen Joystick. Sie fuhren im Mittelgang des Hauses auf und ab. Wirklich ein Kinderspiel. Einer der Männer stieg aus und öffnete die Ausgangsschleuse. Der Rover rollte heraus und sie fuhren langsam los. Sie hatten sich die Hügelkette eingeprägt, als sie gekommen waren und hielten jetzt darauf zu. Als sie weit genug von Newton Valley entfernt waren, schalteten sie das Licht ein, um ihre Spuren zurückverfolgen zu können. Das Mädchen hatte währenddessen den Hügelkamm erreicht. Sie sah die Siedlung und auch die Lichter des Rovers. Das mussten ihre Mörder sein. Sie suchte nach einer Deckung und fand einen großen Felsen, hinter dem sie sich verstecken konnte. Wenig später fuhr das Fahrzeug vorbei. Das Mädchen verließ ihre Deckung und bewegte sich so schnell sie konnte auf den Ort zu. Unterwegs überlegte sie sich, was die Marsbewohner mit ihr tun würden. Würde man sie töten? Oder foltern? Nein, sie hatte die Marsianer ein paar mal im Fernsehen gesehen. Das waren keine Mörder.

Sie erreichte das erste Gewächshaus und ging daran entlang. Sie konnte zwei Leichen erkennen. Das mussten ihre "Genossen" gewesen sein. Sie lief weiter und passierte weitere Gewächshäuser, in denen aber niemand war. Also beschloss sie zur nächsten Farm zu laufen. Die beiden Männer erreichten währenddessen ihr Schiff. Sie machten sich nicht die Mühe nachzusehen, ob das Mädchen noch da war. Frauen mißachteten niemals die Anweisung eines Mannes. Sie entfernten den Mandelbrotgenerator und verstauten ihn im Frachtraum des Rückkehrmoduls. Dann öffneten sie die Einstiegsschleuse. Als sie in die enge Kabine zurückkamen, bemerkten sie sofort, dass die Hure weg war. Sie sahen auch die vertstreuten Blätter des Missionsbefehls. "Wir müssen das Miststück finden und töten.", sagte der eine Chinese wütend. "Nein, lass uns verschwinden, der Generator ist wichtiger", widersprach der andere. Also machten sie ihr Schiff startklar. Das Rückkehrmodul war eine verkleinerte Ausgabe des großen Schiffes. Im Grunde genommen handelte es sich um das Cockpit mit einem kleineren Ionentriebwerk und den notwendigen Lebenserhaltungssystemen. Das Modul löste sich aus dem großen Schiff und wurde senkrecht nach oben geschwenkt. Dann zündeten die Booster und katapultierten das kleinere Schiff in den Weltraum. Dort aktivierten sie den Ionenantrieb und stießen die Booster ab. Sie nahmen Kurs auf die Erde, wohlwissend einen der größten Schätze der Welt erbeutet zu haben. Dass die Hure weg war, fanden sie schade. Sie hätten das Mädchen gerne noch einmal genommen, bevor sie sie erschossen hätten. Aber man konnte halt nicht alles haben.

Das Mädchen hatte inzwischen die Nachbarfarm erreicht. In einem der Gewächshäuser stand ein Mann und starrte angestrengt nach Norden. Sie blickte ebenfalls dorthin und sah den Feuerschweif des aufsteigenden Raumschiffes. Sie lief zur Wand des Gewächshauses und schlug gegen die Scheiben. Drinnen hörte der Farmer Brandon Griffith das Klopfen der Chinesin. Er wandte seinen Blick von der Leuchterscheinung im Norden ab und sah eine kleine Gestalt in einem seltsamen Raumanzug, die an die Scheiben klopfte. Erstaunt ging er auf sie zu. Die Gestalt schien verzweifelt. Er bedeutete ihr mit Handzeichen zur Notschleuse zu gehen und begleitete sie auf dem Weg. Kurz vor der Schleuse machte er ein Zeichen, dass sie auf den Knopf drücken sollte. Die Gestalt im Raumanzug nickte. Als sie in der Schleuse stand und entstaubt wurde, konnte Brandon ein asiatisches Gesicht erkennen. "Was machst du denn hier?", fragte Brandon, wohlwissend, dass ihn die Frau nicht hören konnte. Die Innentür öffnete sich und gab die kleine Gestalt frei. Die Frau redete auf ihn ein, aber der Helm ließ die Geräusche nicht durch. Brandon bedeutete ihr mit den Händen den Helm abzunehmen, was die Frau auch tat. Dann redete sie auf chinesisch auf ihn ein, was der Brite nicht verstand. Er machte eine beruhigende Handbewegung und fragte "Sprechen Sie englisch?" Kopfschütteln.

Immer noch verwundert, was ihm da zugeflogen war, bedeutete er der Frau ihm zu folgen. Er betrachtete sie näher. Sie hatte ein hübsches Gesicht und war höchtens zwanzig Jahre alt. Auf dem Weg ins Haus überlegte, er wo sie wohl herkam. Hatte sie irgendetwas mit dem Licht am Himmel zu tun? Sie ereichten das Haus und er bedeutete ihr einzutreten. Brandon lebte allein hier. Er überlegte, was zu tun war. Er wies auf die Couch, woraufhin sich die unbekannte Frau setzte. Sie wirkte gehetzt und verängstigt. Nach alter britischer Manier goß Brandon einen Tee, der noch vom Abendbrot übrig war ein und reichte ihr die Tasse. Das Mädchen nahm den Tee und lächelte zum ersten mal. Brandon ging zum Interkom und meldete seinen "Fang" und den offensichtlichen Raketenstart an den Bürgermeister des Ortes weiter. Der reagierte sofort und setzte eine Meldung nach First Village ab. Brandon begab sich zu seinem seltsamen Gast zurück. Das Mädchen hielt den Becher in den Händen und lächelte ihn verlegen an. "Wer zur Hölle bist du bloß?", fragte Brandon. Ein fragender Ausdruck erschien in ihrem Gesicht und sie sagte etwas auf chinesisch.

‚Hier stimmt was nicht.', dachte Brandon. Im selben Moment hörte er das Rufsignal von der Tür her. Der Bürgermeister kam mit zwei Männern herein. Brandon erzählte noch einmal was geschehen war. Der Bürgermeister sah das Mädchen an und sagte "Die Kleine kommt nicht von hier." An die beiden Männer gewandt sagte er "Geht zu den Nachbarfarmen und fragt dort, ob denen was aufgefallen ist. Fangt am besten gleich bei Wim an." Die Männer verließen den Raum. Das Mädchen begann wieder zu reden und zu gestikulieren. Sie stand auf, ging zum Fenster und zeigte auf die Nachbarfarm. Dann fuhr sie sich mit der Hand über die Kehle und zeigte wieder aus dem Fenster. Der Bürgermeister rief seine beiden Begleiter. "Bei Wim scheint was nicht zu stimmen. Unser Gast scheint darüber Bescheid zu wissen. Überprüft das." "Wir stehen gerade vor der Tür, aber es meldet sich niemand.", kam die Antwort. Die Chinesin ergriff plötzlich Brandons Arm und versuchte ihn zum Ausgang zu zerren. "Folgen wir ihr.", sagte der Bürgermeister, "Mal sehen, was sie uns zeigen will."

Das Mädchen führte sie zur Farm der van Drees, wo die beiden Männer noch immer vor der Tür standen. Sie machte Gesten, die andeuteten, dass sie die Tür öffnen sollten. Der Bürgermeister zog seinen Palmtop aus der Tasche. Darin waren für Notfälle alle Eingangscodes in Newton Valley gespeichert. Die Tür ging auf und sie gingen hinein. Das Mädchen zerrte weiter an Brandons Arm. Sie fand schließlich den Weg zu den Gewächshäusern und zog Brandon auf das zweite zu. In der Eingangstür fanden sie die Leiche von Wim van Drees. Im Gewächshaus sahen sie Lydia liegen. Das Mädchen zeigte auf die Roverschleuse und machte Gesten wie ein Autofahrer. Tatsache, der Rover war verschwunden. Fassungslos standen die vier Männern vor den Leichen ihrer Nachbarn. "Hast du etwas damit zu tun?", fragte der Bürgermeister das Mädchen in barschem Ton. "Hey, du siehst doch, dass sie Angst hat.", versuchte Brandon ihn zu beschwichtigen. "Die hätte ich auch, wenn ich gerade zwei Menschen ermordet hätte", sagte einer der Männer.

Das Mädchen wurde in die Zentrale von Newton Valley gebracht. Aber auch hier gab es niemanden, der chinesisch sprach. Kurze Zeit später setzte die Johannes Kepler aus First Village auf. Sven Knuth und Pascal Lee kamen herein. Sie hörten sich die ganze Geschichte an und ließen sich den Ort des Geschehens zeigen. Pascal hatte viele Jahre seiner Kindheit in der Chinatown von San Francisco verbracht. Er setzte sich dem Mädchen gegenüber und fragte auf chinesisch "So und jetzt eins nach dem anderen. Wer bist du und was ist hier los?" Das Mädchen sah den Amerkaner erstaunt an bevor sie antwortete. Ihr Name sei Li Yu, sagte sie. Dann begann sie, ihre Geschichte von Anfang an zu erzählen. In First Village ging Jörg Schabeck in der Zentrale auf und ab. "Die Chinesen haben also einen Mandelbrotgenerator gestohlen. Nach allem, was wir wissen sind sie damit jetzt auf dem Weg zur Erde. Ich schätze, ihr könnt euch ausmalen, was geschehen wird, wenn sie dort ankommen.", beschrieb er die Lage.

Eine Meldung kam herein. Die Johannes Kepler hatte den Landeplatz der Chinesen gefunden. Bilder des Schiffes erschienen auf den Monitoren. "Das sieht aus, wie ein Stealth Bomber.", sagte Bob Zubrin, "deshalb haben wir sie auch nicht geortet." "Wenn ihr Rückkehrschiff auch Stealtheigenschaften besitzt, wie finden wir sie dann?", fragte Volker Mang. "Egal wie", antwortete Jörg, "sie dürfen auf keinem Fall die Erde erreichen. Informiert die Amerikaner. Und bringt diese Li Yu hierher." Eine neue Meldung kam herein. Das chinesische Schiff verfügte über einen Ionenantrieb. "Damit kriegen wir sie!", sagte Jörg, "Schickt sofort alle verfügbaren Schiffe los. Wir fliegen mit der Mars Discovery. Ach ja, wieviele Schiffe befinden sich zurzeit auf der Erde?" "Vier", antwortete Josh. "Informiert sie", verlangte Jörg, "ich finde, wir müssen schnell und unmissverständlich reagieren." Bob Zubrin sah ihn an. "Und wie soll die aussehen?", fragte er. "Wir zerstören ihre Raumfahrtzentren in Xian und Jiupan.", erwiderte Jörg. Zubrin dachte eine Weile nach. Die Chinesen würden noch immer glauben, ihr Überfall wäre unentdeckt geblieben. Und selbst, wenn sie das nicht glaubten und einen Gegenschlag einkalkulierten, würden sie diesen in frühestens vier Wochen erwarten. So lange würde es nämlich dauern, bis Schiffe vom Mars die Erde erreichen konnten. Zubrin nickte. "Ich denke auch, dass wir diese Geschichte nicht einfach übersehen können. Wir sollten den Chinamännern ganz schnell klarmachen, dass wir Bescheid wissen und dass sie einen Fehler gemacht haben. Denn was ist, wenn sie weitere Schiffe dieser Art besitzen? Was, wenn davon schon etliche in ihren Hangars stehen. Vielleicht warten die nur darauf einen Mandelbrotgenerator verpasst zu bekommen und loszulegen, bevor die Welt kapiert hat, was eigentlich los ist. Ihre Stealthtechnologie ist unglaublich weit fortgeschritten. Die Planung ihrer Mission lässt auf eine Professionalität schließen, die wir nicht einmal von der NASA kennen. Deshalb halte ich Jörgs Vorschlag für das einzig richtige. Wir müssen ihre Raumfahrtkapazitäten zerstören, bevor die Welt aus den Fugen gerät."

Nataliya wiegte den Kopf. "Ein Angriff? Verhalten wir uns damit nicht genau wie die Chinesen?", fragte sie in die Runde. "Nein Liebes", erwiderte Jörg, "wir sind diejenigen, die angegriffen wurden. Die Chinesen haben sich mit Gewalt genommen, was sie so nicht haben konnten. Sie hegen noch immer Großmachtträume und was meinst du, was geschieht, wenn sie den Mandelbrotgenerator haben? Friede auf der Welt und im großen weiten All? Nein, schon bald werden sie sich wieder nehmen, was sie gern haben wollen. Taiwan, die sibirischen Bodenschätze und was weiß ich. Und es wird gar nicht lange dauern, dann werden sie auch hierherkommen. Ich wette ihr tattergreisiges Politbüro schmiedet bereits Pläne für ein kommunistisches Universum." Josh meldete sich zu Wort. "Wir sollten die Bilder aus Newton Valley und die von der Befragung unseres chinesischen Gastes ins Internet stellen. Ich bin sicher, das wird dann auch in China gesehen. Und den Chinesen wird klar, dass die Welt Bescheid weiß." "Sollten wir tun", sagte Bob Zubrin, "und wir sollten die großen Nachrichtenagenturen informieren. Außerdem richten wir eine Protestnote an die Führung in Peking."
Das ganze sollte so ablaufen, dass in Xian die ersten Gebäude hochgehen, sobald die Tattergreise das gelesen haben." Schabeck stand auf. "Okay dann los", sagte er, "und denkt daran, das Wichtigste ist es, den Mandelbrotgenerator wieder zu bekommen."

In Washington wurde die Nachricht mit Bestürzung aufgenommen. Ein Photonenantrieb in den Händen der chinesichen Kommunisten? Eine Katastrophe für die Welt. Die Amerikaner versetzten ihre Verbände auf Guam, Hawaii und Okinava in Alarmbereitschaft. Sie wußten vom bevorstehenden Gegenschlag der Marsianer und sicherten Unterstützung zu. Wenig später trafen die letzten Satellitenbilder der Basis in Xian auf dem Mars ein. Darauf waren vor allem die Flugabwehrstellungen markiert. Auf dem Mars erhoben sich zwanzig Schiffe. Zur gleichen Zeit gingen die Nachrichten hinaus in die Welt. Auf der Erde hoben die Schiffe Tycho Brahe, Niels Bohr, Werner Heisenberg und Marie Curie von der Edwards Airbase ab, wo sie gerade entladen worden waren. Aus einer Handelsreise war ein Kriegseinsatz geworden. Bei allen vier Schiffe handelte es sich um die neue 122 Meter-Klasse. Sie verfügten über Railguns mit Sprenggeschossen. Die Geschosse enthielten einen Kern aus hochverdichtetem RDX-Sprengstoff. Die Explosionskraft war etwa halb so groß, wie die einer Gefechtsfeldatomwaffe. Nur, das eben keine Strahlung entstand, wie bei einer Atomexplosion. Zusätzlich befand sich auf jedem Schiff ein Schuttle, das mit einer nach vorn gerichteten Railgun bewaffnet war. Die Shuttles sollten den Luftschutz übernehmen, falls es den Chinesen gelingen sollte, Kampfflugzeuge zu starten. Die vier Marsschiffe stiegen in den Weltraum auf und gingen in eine Umlaufbahn. Anhand der amerikanischen Satellitenbilder wurden die Ziele vorprogrammiert. Die Shuttles wurden klargemacht und ausgesetzt. Über China tauchten die Schiffe senkrecht in die Atmosphäre ein.

Zur gleichen Zeit im chinesichen Politbüro

Ein Sekretär kam in den Sitzungssaal des Politbüros. Er hielt ein Fax in der Hand und verbeugte sich. "Genosse Vorsitzender, das kam gerade von der Marsbotschaft in Washington herein." Sheng nahm das Blatt an sich und machte eine Handbewegung, woraufhin der Sekretär sich erneut verbeugte und den Saal verließ. Während Sheng las, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck mehr und mehr. "Ehrenwerte Genossen," begann er und reichte die Nachricht an den Tischnachbarn zu seiner Linken weiter, "auf dem Mars weiß man Bescheid. Die Hure konnte fliehen, bevor unsere Männer sie töten konnten. Sie ist zu den Marsianern geflohen und hat ihnen die ganze Geschichte erzählt." Schockierte Blicke richteten sich auf den Vorsitzenden. "Die Marsianer kündigen Vergeltung an.", fuhr Sheng fort, "außerdem jagen sie unser Schiff, um den Photonenantrieb wieder zu bekommen." Keh Wah Lun meldete sich zu Wort. "Genossen, wir müssen uns vorbereiten. Die Schiffe der Marsianer brauchen ungefähr 30 Tage bis zur Erde. Zudem ist es fraglich, ob sie das Rückkehrschiff finden werden. Es ist sehr klein, und mit Radar nicht zu lokalisieren. Ich schlage vor...." Weiter kam er nicht. Der Sekretär kam wieder herein, verbeugte sich kurz und reichte dem Vorsitzenden eine neue Nachricht. Sheng las die kurze Mitteilung und stand dann auf. "Unser Weltraumbahnhof in Xian wird seit einigen Minuten angegriffen", teilte er den Anwesenden mit.

In Xian brach wenige Minuten zuvor die Hölle los. Ohne Vorwarnung flogen vier Flugabwehrstellungen in die Luft. Vier weitere folgten in den nächsten Sekunden. Die Menschen blickten nach oben und sahen vier riesige Raumschiffe auf sich zurasen. Aus den Rümpfen schossen immer wieder glühende Strahlen, denen gewaltige Explosionen folgten. Eine Startrampe mit einer Rakete darauf wurde getroffen. Die Explosion machte das Umfeld dem Erdboden gleich. Hangars und Verwaltungsbebäude flogen in die Luft. Ein Wasserstofftank erhielt einen Volltreffer. Die obere Kuppel des Tanks wurde abgerissen und flog wie ein Diskus durch die Luft. Auf dem nahegelegenen Militärflughafen hasteten die Piloten zu ihren SU-27 Jägern. Ein Fehler, den sie mit ihrem Leben bezahlen sollten. Die Shuttles stießen herunter und griffen die Flugzeuge an. Nach einer Minute war der Stolz der chinesischen Luftwaffe ein rauchender Trümmerhaufen. Die Soldaten der verbliebenen Luftabwehrstellungen versuchten verzweifelt die Marsschiffe mit den Zielradars zu erfassen. Sie bekamen nur verwaschene Echos, die von den Computern nicht als Ziele erkannt wurden. Nach acht Minuten war der Spuk vorbei. Die chinesische Raumbasis hatte aufgehört zu existieren. Zurück blieb eine brennende Wüste.

Knapp eine halbe Stunde später ereilte den Startplatz Jiupan das gleiche Schicksal. Hier waren die Chinesen aber besser vorbereitet. Die Basis war größtenteils evakuiert. Abfangjäger befanden sich in der Luft. Die Computer der Lufabwehrbatterien wurden in aller Eile umprogrammiert, um auf die unscharfen Radarechos der Marsschiffe zu reagieren. Viel nützte das nicht. Die Abfangjäger waren viel zu langsam, um den Marsianern gefährlich werden zu können. Das gleiche galt für die Abfangraketen. Die Shuttles veranstalteten mit den Abfangjägern ein wahres Tontaubenschießen. Die chinesischen Piloten versuchten alle Tricks, die sie kannten. Aber genau das war verkehrt. Die Shuttles flogen nicht wie normale Jets. Sie schlugen plötzlich Haken, blieben in der Luft stehen und drehten sich auf der Stelle. Ihre Kanonen schossen nicht nach ballistischen Grundsätzen, sondern stur geradeaus. Der Luftkampf dauerte zwölf Minuten. In dieser Zeit holten die Shuttles 18 chinesische Jäger vom Himmel. Zahlreiche Fallschirme hingen in der Luft. Am Boden ging derweil die Welt zum zweitenmal innerhalb einer Stunde unter. Die Angriffe wurden von den Kameras der Schiffe aufgezeichnet und live an die Nachrichtenagenturen der Welt gesendet. Die chinesische Führung sah die Bilder über CNN. Die eigenen Nachrichtenverbindungen nach Xian und Jiupan waren gestört.
Die alten Männer schauten verbittert auf den Fernseher. "30 Tage haben sie gesagt, nicht wahr Keh?", der bittere Hohn in Shengs Stimme traf den Verteidigungsminister wie ein elektrischer Schlag.

Unweit des Mars beschleunigten zur gleichen Zeit die Taikonauten ihr Schiff so schnell es ging. Der Ionenantrieb lief auf Höchstleistung. Zusätzlich verfügten sie über zwei kleine Notbooster, deren Schub sie jetzt zusätzlich einsetzten. Im Augenblick hatten sie 84000 Kilometer pro Stunde erreicht. Auf rund 110000 Kilometer/h würden sie das Schiff bringen können. Sie wußten, dass ihnen ihre Geschwindigkeit nichts nutzte. Die Marsschiffe konnten sieben mal so schnell fliegen. Ihr einziger Schutz war die Unsichtbarkeit. Auf der Mars Discovery erörterte die Besatzung zum gleichen Zeitpunkt, wie man die Chinesen erwischen könnte. Das Schiff der Chinesen war gezwungen, einer bestimmten Bahn zur Erde zu folgen. Auf dieser Bahn bezogen die zwanzig Schiffe ihre Abfangpositionen. Jeweils zwei Schiffe standen sich dabei an jedem Bahnpunkt gegenüber. Die Stealthtechnologie des gegnerischen Schiffes funktionierte so, dass auftreffende Radarsignale vom Auftreffpunkt weg reflektiert wurden, also nicht zurück zum Empfänger. Wenn jeoch ein anderer Empfänger in einer anderen Richtung stand, dann war es möglich, dass dieser die reflektierten Signale empfing. Die Serben hatten auf diese Weise 1998 einen amerikanischen Stealth Bomber vom Himmel geholt.

Im Politbüro in Peking hockten die Mächtigen Chinas derweil vor den Trümmern ihres kühnen Planes. "Genossen," sagte Sheng, "wir haben versagt. Wir haben versagt, weil ein "Ausrüstungsgegenstand" an Bord unseres Schiffes nicht ordnungsgemäß funktioniert hat. Weil dieser Gegenstand nämlich ein Mensch ist, der sich nicht einfach töten lassen wollte. Wie hoch sind unsere Verluste?" Fang Luong, der Wirtschaftsminister ergriff das Wort. "Die Basen in Xian und Jiupan existieren nicht mehr. Wir haben 27 Flugzeuge verloren. Bei den Angriffen sind schätzungsweise 2400 Menschen umgekommen, darunter die gesamte Elite unseres Raumfahrtprogramms.", las der Minister vor. Sheng legte den Kopf in Hände. Keh Wah Lun ergriff das Wort. "Genossen, unser Hauptziel ist noch nicht verloren. Unsere tapferen Taikonauten befinden sich noch immer auf dem Weg zur Erde. Die gemeinen Hunde vom Mars können das Schiff nicht orten, deshalb wird am Ende der Erfolg unser sein." Sheng blickte auf und sah den Verteidigungsminister an. "Das ist doch nur eine Frage der Zeit, bis sie unser Schiff finden", sagte der alte Mann müde. Der Sekretär kam mit einer neuen Meldung herein. Sheng brauchte sie nicht zu lesen. Er konnte sich auch so ausmalen, was auf den Straßen los war. Es hatte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Unruhen gegeben. Die schlechte Wirtschaftslage, die kommunistische Diktatur, das Verbot der Falun-Gong-Bewegung, all das hatte immer wieder Aufruhr heraufbeschworen. Jetzt aber würde der Funke überspringen und das gigantische Pulverfaß China in Brand setzen.

Viele Menschen in China hatten per Internet und durch CNN von dem Überfall auf den Mars erfahren. Und sie hatten auch Li Yus Aussage gehört. Empörung machte sich breit. In Peking strömten Studenten zum Platz des himmlischen Friedens. In den anderen Metropolen der Volksrepublik sah es nicht anders aus. Auch wenn Chinesen ein Menschenleben nicht sehr schätzten, Niederträchtigkeit verachteten sie zutiefst. Die Massen machten ihre eigene Führung für die Angriffe auf Xian und Jiupan verantwortlich. Auch diese Bilder sah man im Politbüro zuerst über CNN. Die chinesischen Sender brachten patriotische Musik. Der Aufruhr entbrannte richtig, als in Shanghai Soldaten in die Menge schossen. Die Lage geriet innerhalb von Stunden zusehends ausser Kontrolle. "Wir sind gerade dabei alles zu verlieren, Genossen. Weil wir eine technische Spielerei stehlen wollten, die uns allmächtig machen sollte", sagte Sheng tonlos. Dann verließ er den Sitzungssaal. Ein müder alter Mann, der wußte, dass er verloren hatte. In seinem Büro setzte er sich an seinen Schreibtisch. Sein Sekretär kam herein und fragte nach Shengs Wünschen. Der alte Mann winkte ab und bedeutete seinem Sekretär ihn allein zu lassen. Sheng öffnete eine Schublade und nahm eine Pistole heraus. Er legte die Waffe vor sich auf den Schreibtisch und starrte sie an.

Die Mitglieder des Politbüros saßen noch immer wie festgenagelt auf ihren Stühlen, als sie einen Schuß hörten. Die Männer sahen sich an. Nach und nach wurde jedem einzelnen bewußt, das es aus war. Keh Wah Lun sprang auf und verließ den Saal. Er hetzte zu seinem Büro und sah sich um. Nein, er würde nicht Shengs Weg wählen. Mit 64 Jahren war er eines der jüngsten Mitglieder des Politbüros. Er hatte durchaus noch ein paar gute Jahre vor sich. In einem Safe lagerten rund vier Millionen Dollar, die Keh während seiner Amtszeit zusammengerafft hatte. Er rief nach seiner Sekretärin. "Schnell", bellte er, "eine Tasche!" Die Frau lief verstört los und kam mit einer großen Reisetasche wieder. "Und jetzt raus hier!", schrie Keh die Frau an. Eilig verstaute er das Geld in der Tasche. Er nahm eine Waffe aus seinem Schreibtisch und steckte sie ebenfalls ein. In seinem Schrank hing ein schlichter grauer Einheitsanzug, wie ihn viele Chinesen trugen. Eilig zog er sich um. Mit der Tasche hetzte er durch die Gänge der verbotenen Stadt. Er ging ins Wachbüro und befahl dem diensthabenden Leutnant einen Wagen zu besorgen. Als das Fahrzeug vorfuhr, wies er den Fahrer an, die verbotene Stadt durch eine Seitenstraße zu verlassen. Sein Weg führte ihn zu einem nahegelegenen Luftwaffenstützpunkt. Dort standen Regierungsmaschinen in Bereitschaft. Keh wählte eine Jak 72 aus und befahl dem Piloten Kurs auf Pjöngjang in Nordkorea zu nehmen. Dort würde er willkommen sein. Und sein Geld sicher auch. Das Flugzeug startete und stieg auf Reiseflughöhe. Der Urheber der Katastrophe hatte sich aus dem Staub gemacht.

An Bord des chinesischen Raumschiffes
Die Taikonauten registrierten mehrfach das Auftreffen von Radarsignalen. Sie wussten, dass sie gejagt wurden. Noch vertrauten sie auf die Unsichtbarkeit und die Winzigkeit ihres Schiffes. Sie wussten nicht, was in ihrem Heimatland inzwischen geschah und wähnten sich weiterhin als Helden Chinas. Wenn nur kein Marsschiff so nahe kam, dass man das Leuchten des Ionenantriebs von dort aus sehen konnte.

An Bord der Mars Discovery
Auf den Radarschirmen zeigte sich rein gar nichts. Auch optisch war nichts auszumachen. Von den anderen Schiffen kamen auch keine besseren Nachrichten. "So ein Mist!", fluchte Heike, "da starten wir als der friedlichste Haufen überhaupt in den Weltraum und jetzt führen wir praktisch Krieg gegen das größte Volk der Erde." Pascal nahm ihre Hand und sagte "So ist diese Welt nun einmal und auch, wenn wir auf dem Mars leben, sind wir doch ein Teil der Menschheit. Ich wage mir gar nicht auszumalen, was das chinesische Militär der Menschheit antun würde, wenn sie den Mandelbrotgenerator besäßen. Wir müssen die Diebe kriegen." Nataliya drehte sich in ihrem Pilotensessel um und schaltete sich in das Gespräch ein. "Wir haben nun mal etwas, dass viele gerne hätten. Die Amerikanskis waren, wider Erwarten so klug auf Kooperation zu setzen. Um so enger unser Bündnis mit ihnen wird, umso mehr steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihnen unsere Geheimnisse anvertrauen. Die Chinesen haben das nie begriffen. Und jetzt haben wir den Salat. Wer mit dem Feuer spielt, läuft auch immer Gefahr sich zu verbrennen." Josh unterbrach die philosophischen Ergüsse mit einer Handbewegung. "Ich kriege hier was rein!", rief er laut, "nein, jetzt ist es wieder weg." Schabeck setzte sich zu ihm und fragte "Haben wir das Signal aufgezeichnet?" "Haben wir" erwiderte Josh und sah sich die Aufzeichnung an. "Das könnten sie sein", brummelte er vor sich hin, "Fragt bei der Kopernikus an in welche Richtung ihr Radar vor 4,33 Sekunden gesendet hat." Die Daten kamen unverzüglich herein. "Teleskop auf 15°, 12:45h.", sagte Josh. Das Teleskopbild erschien auf dem Monitor. Josh erhöhte den Konstrast und die Vergrößerung. "Licht aus", lautete seine nächste Anweisung. Jetzt sahen sie es. Ein schwaches blaues Leuchten. "Wir haben sie!", rief Jörg, "Josh, Nachricht an alle anderen Schiffe, gib die Position durch. Wir kreisen sie ein."

Alle Marsschiffe änderten ihren Kurs. Nach sechs Tagen war der Ring um das chinesische Schiff geschlossen. Die Marsschiffe standen kreisförmig in 30 Kilometern Abstand um das kleine Stealthschiff herum. Die beiden Männer an Bord merkten davon nichts. Sie hielten absolute Funkstille und setzten auch ihr Radar nicht ein. Optisch waren die schwarzen Raumschiffe der Marsianer nicht auszumachen. Für die Chinesen war die Welt nach wie vor in Ordnung. "Okay Freunde, dann wecken wir die Genossen mal auf", verkündete Josh über Funk, "In exakt 10 Sekunden schmeißen wir alle die Radars an." Die geballte Radarenergie traf auf das Stealthschiff. Der Radarwarner jaulte erbärmlich und hörte nicht mehr auf. Die Chinesen blickten erschrocken aus den Fenstern, sahen aber nichts. "Abstand auf fünf Kilometer verringern", ordnete Jörg per Funk an. Die Marsianer zogen den Kreis enger. "Scheinwerfer an!", lautete Jörgs nächstes Kommando. Die Chinesen sahen vor sich plötzlich grelle Lichter, die ihr Schiff erfassten. Der Radarwarner trällerte immer noch in höchsten Tönen. Eine Stimme drang aus den Lautsprechern und befahl auf Chinesisch, "Hier spricht Pascal Lee von der Mars Discovery. Stoppen Sie sofort!" Die Taikonauten sahen sich an. Sie wußten, dass sie keine Chance hatten. Für diesen Fall hatten sie klare Anweisungen. Ohne zu zögern nahmen sie zwei Zyanidkapseln zu sich. Bevor sie zubissen, betätigten sie den Selbstzerstörungsmechanismus. Pascal wollte seine Aufforderung gerade wiederholen, als das kleine Raumschiff in ihrer Mitte in einem Feuerball verging. Trümmerteile flogen davon. "Alle auf Gegenschub!", befahl Jörg sofort. Der Ring der Marsschiffe zog sich auseinander. Schockiert sahen die Raumfahrer auf das Trümmerfeld das sich langsam zerstreute. "Wie viele Menschen müssen für diese verdammte Maschine denn noch sterben?", fragte Nataliya mehr sich selbst, als die anderen. "Die Frage kann dir wohl kaum jemand beantworten", sagte Jaqueline leise, "Aber wie viele Menschen hätten sterben müssen, wenn den Chinesen ihre Aktion geglückt wäre?" "Von den Chinesen geht vorerst keine Gefahr mehr aus", meinte Bob Zubrin, "die Zerstörung ihres Raumfahrtprogramms hat sie um mindestens 30 Jahre zurückgeworfen. Außerdem wird es in China jetzt wohl eine ganze Reihe politischer Veränderungen geben." "Hoffen wir, dass sie es von jetzt an besser machen", sagte Jaqueline.

Weltenwandel

8. März 2005


Das Büro für interstellare Auswanderer in First Village hatte seit Monatsanfang jede Menge Arbeit. Im Februar 2005 hatten sich die USA, die EU und Russland mit der UPA darauf geeinigt, Blue Heaven zu besiedeln. Die Entscheidung wurde am 1. März in einer gemeinsamen Erklärung bekanntgegeben. Seitdem kamen täglich tausende von Anträgen herein. Auf der Erde gab es in den Unterzeichnerländern Vorprüfstellen, die aus der Flut von Anträgen geeignete Bewerber heraus filterten. Zunächst sollte ein Kontingent von 1500 Menschen zur Wega gebracht werden. Das sollten in der Hauptsache Wissenschaftler und Ingenieure sein. Über weitere Kontingente sollte später verhandelt werden. Zum Transport der Auswanderer wurde auf dem Mars die Mars-Wega Line gegründet und mit eigenen Schiffen ausgestattet. Die erste interstellare Fluggesellschaft war auch für den Pendelverkehr zwischen den Sternen verantwortlich. Für die Besiedlung wurde der Raumhafen von First Village erheblich erweitert. Neue Landeflächen, Terminals und Lagerhallen wurden gebaut. Mit der Besiedlung von Blue Heaven verdoppelte sich auf die Einwohnerzahl von First Village. Für das zu bewältigende Arbeitspensum wurden viele Hände gebraucht.

Li Yu, das Mädchen aus Kunschan, arbeitete jetzt im Hauptterminal des Raumhafens. Sie bediente dort einen Check-In Schalter. Nach allem, was ihr widerfahren war, hatte ihr Leben doch noch eine glückliche Wendung genommen. Aufgrund ihrer Mithilfe im vergangenen Jahr und der Gefahren, die ihr trotz politischer Veränderungen in China drohten, hatte man ihr angeboten auf dem Mars zu bleiben. Sie hatte sofort eingewilligt. Die Menschen hier hätten sie eigentlich hassen müssen. Stattdessen begegneten sie ihr mit Mitleid, Sympathie und Achtung. Dergleichen hatte sie in China nie erfahren.

Zu den Auswanderern gehörten auch Leute aus dem asiatischem Raum. Darunter befand sich auch Professor Tagami Shikoda aus Japan, der als Spezialist für Geologie nach Blue Heaven reisen sollte. Mit seinen 65 Jahren, war er einer der ältesten Aussiedler, aber bei erfahrenen Fachkräften fragte man nicht nach dem Alter. Als Tagami Shikoda an den Schalter kam, konnte er im Gesicht der jungen Frau, die ihn abfertigte ein deutliches Erschrecken erkennen. Trotzdem gab sie ihm seine Papiere zurück und ließ ihn passieren. Als Shikoda im Wartesaal saß, rief Li Yu beim Sicherheitschef des Raumhafens an. "Ich kann mich täuschen", sagte sie," aber ich glaube Keh Wah Lun ist gerade durch meine Kontrolle gegangen. Der Sicherheitschef begriff nicht sofort. "Keh war Verteidigungsminister in China.", erklärte sie ihm, "Nach dem Sturz der Regierung ist er verschwunden. Er sieht heute anders aus, aber ich habe sein Gesicht mein Leben lang auf Bildern gesehen. Von Keh stammte der Plan, einen Photonenantrieb zu stehlen. Ich habe das in den Papieren an Bord unseres Raumschiffes gelesen. Und Keh Wah Lun hat auch den Befehl unterschrieben mich zu ermorden." "Sind Sie sich sicher, dass es Keh ist?", fragte der Sicherheitschef zurück. "Zu 90% ja. Wie gesagt, er sieht heute irgendwie anders aus", antwortete Li Yu. Der Sicherheitschef rief Bob Zubrin an. Der hörte sich die Geschichte an und begab sich auf den Weg zum Raumhafen.

Shikoda saß im Abfertigungssaal und sah sich ein Großbildvideo über Blue Heaven an. Was er sah gefiel ihm außerordentlich gut. Kaum ein Mensch konnte sich dem Zauber dieser Bilder entziehen. Plötzlich vernahm er hinter sich die Stimme einer Frau, die auf chinesisch fragte "Mr. Keh Wah Lun?" Bevor Shikoda sich im Griff hatte, antwortete er "Ja bitte?". Noch bevor er sich umdrehte, war ihm klar, dass er in eine Falle getappt war. Hinter ihm stand die junge Chinesin aus der Abfertigung. Neben ihr standen zwei Männer, deren Waffen auf Shikoda zielten. "Würden Sie uns bitte folgen?", fragte das Li Yu mit einem zuckersüßen Lächeln. Das Lächeln erstarb, als sie hinzufügte "Ich habe da einen Mordbefehl, über den ich gern mit Ihnen reden würde." Shikoda alias Keh Wah Lun sah sich nervös um. An allen Ausgängen standen bewaffnete Posten. An Flucht war nicht zu denken. Er zögerte einen Augenblick und dachte daran, einfach los zu rennen. Dann würde man ihn erschießen und die Schmach der Anklage würde ihm erspart bleiben. Aber seine Angst vor dem Tod war größer, als sein Heldenmut. ‚Wie damals in Peking.', dachte er resigniert und ergab sich in sein Schicksal. Während der Vernehmung erzählte Keh seine Geschichte.

Nach seiner Flucht habe er sechs Monate lang in Pjöngjang als Gast der nordkoreanischen Regierung gelebt. Das Leben war nicht schlecht, aber er fand keine wirkliche Ruhe. Immer wieder gab es Hinweise, daß die Reformkommunisten, die sein Heimatland jetzt regierten, wussten wo er sich aufhielt. Die Regierung in Pjöngjang unterhalte gute Beziehungen zur japanischen Yakutza, gab er an. Die habe ihm dann ermöglicht nach Japan zu entkommen. Dort habe man ihm eine neue Identität gegeben. Seine Ähnlichkeit mit einem gewissen Tagami Shikoda und die Tatsache, dass Keh Geologie studiert hatte, erwiesen sich als sehr günstig. In einer Privatklinik wurden mittels plastischer Chirugie einige kleine Änderungen an seinem Gesicht vorgenommen. Der echte Tagami Shikoda war kürzlich in den Ruhestand getreten. Er war ein Einzelgänger, der in einem netten Haus in einem der Randbezirke Tokios lebte. Soziale Kontakte pflegte er kaum, was eine ideale Voraussetzung für Keh's Rollentausch darstellte. Als es an der Zeit war, wurde Shikoda von einem Yakutza Killer ermordet. Keh zog in das Haus, ohne das irgendjemand davon Notiz nahm. Fortan lebte er als pensionierter Geologieprofessor in Tokio. Aber auch hier fand er keine Ruhe. Das Land, das Haus, die Menschen, alles war ihm fremd. Nachts streifte er oft durch die Vergnügungsviertel der Stadt, um dort Zerstreuung zu finden. Als er aus Japans größter Tageszeitung Asahi Shimbun von der geplanten Besiedlung Blue Heavens erfuhr, habe er sich entschlossen, dort hin zu gehen. Weitab von den Geheimdiensten der Erde und dem anonymen Leben in Japan, wollte er dort den Rest seines Lebens verbringen. Seine Bewerbung wurde angenommen. Er sei zum vereinbarten Zeitpunkt in die USA gereist und habe sich dort zum Mars eingeschifft. Nach der Vernehmung legte man ihm einen Auslieferungsantrag der Volksrepublik China vor. Man ließ ihn wissen, dass man ihn in jedem Fall ausliefern werde, damit er in seinem Heimatland zur Verantwortung gezogen werden konnte. Keh hatte hoch gepokert und er hatte sein Spiel verloren. ‚Und das, nur weil eine billige Hure aus Kunschan zufällig mein Gesicht erkannt hat.', dachte er. Er verstand die Welt nicht mehr. In China hatte er zu den Mächtigen gehört. Und hier ließ ihn ein Mädchen, das es nicht einmal wert war, zur kommunistischen Gesellschaft zu gehören ins Gefängnis schaffen. Wie konnte das nur sein?

Auf dem Mars ging das Leben unterdessen weiter. Täglich startete ein Aussiedlerschiff nach Blue Heaven. Am 16. Juni 2005 fand in New York eine Konferenz zur politischen Zukunft des Planeten statt. Neben der UPA, den USA und der EU nahmen Russland, Australien und Japan daran teil. Drei mögliche Verwaltungsmodelle standen zur Auswahl. Eines davon sah vor für Blue Heaven eine Art Antarktis-Vertrag zu vereinbaren, der den Planeten in verschiedene staatliche Zonen einteilen sollte. Das zweite Modell basierte auf dem Kooperationsvertrag zwischen der UPA und der Erde. Danach sollte Blue Heaven unter der Verwaltung der UPA stehen. Alle Klauseln des Kooperationsvertrages sollten auch für den Planeten der Wega gelten. Das dritte Modell sah die komplette Eigenverwaltung des Planeten vor. Die Debatte dauerte zwei Tage lang an. Am Ende stimmte eine deutliche Mehrheit für eine Verwaltung Blue Heavens durch die UPA zu. Dazu wurde der bestehende Kooperationsvertrag ausgeweitet und ergänzt. Im Anschluss an die Konferenz wurden Verhandlungen mit verschiedenen Institutionen der Erde über die Erschließung der neuen Welt aufgenommen. Hierbei sollte ZERI (Zero Emissions Research and Initiatives) eine wichtige Rolle spielen. Diese internationale Organisation befasste sich seit 1994 mit der Entwicklung von Produktionskreisläufen, die keine Emissionen erzeugten und deren Abfallprodukte wiederverwertbar waren. Man wollte bei der Besiedlung Blue Heavens neue Wege gehen, die eine ungebremste Ausbeutung des Planeten verhindern sollten. Das würde auch eine andere Gesellschaftsform zur Folge haben. Eine neue, andere Menschheit, die geeignet sein würde das Weltall zu besiedeln. Der Club of Rome sollte auf der Grundlage aller verfügbaren Daten die Besiedlung beobachten und umfassende Berichte darüber erstellen. Spezialisten des UNDP (United Nations Developement Programme) waren ebenfalls mit von der Partie. Auf Blue Heaven würde sich zeigen, was die Menschheit aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hatte.

Insgesamt hatte auf der Erde ein Wandel eingesetzt. Die Menschen wandten sich dem Weltraum zu. Nationale Interessen rückten langsam, aber immer deutlicher in den Hintergrund. Eine negative Folge war die neue Kluft, die sich zwischen den Staaten des Kooperationsvertrages und den anderen Staaten der Erde auftat. Vor allem in der islamischen Welt wurden die Veränderungen abgelehnt. Dort war eine zunehmende Hinwendung zu konservativen Werten zu beobachten. Der Islam gewann vor allem in China zunehmend an Einfluss. In den Staaten des Kooperationsvertrages wurden derweil die Raumfahrtprogramme intensiviert. Die USA, Russland und Europa entwickelten gemeinsam ein Raumfahrzeug, das in der Lage war, den Mars aus eigener Kraft zu erreichen. Das Antriebsmodell basierte im wesentlichen auf dem chinesischen Ionenantrieb, der sich als außerordentlich effektiv herausstellte. Zum Start wurde die Scramjet-Technologie verwendet, die sich mit Riesensprüngen weiterentwickelte. Die erste Landung eines Schiffes der neu gegründeten WSA (World Space Agency) fand am 03. September 2005 in First Village statt. Die Marsianer bestaunten das Erdschiff, das schlank und elegant auf filigranen Landebeinen ruhte. Mochte man auf dem Mars auch in puncto Antriebstechnologie weit voraus sein, so konnte man sich bei der Aerodynamik und der Avionik bei der WSA noch einiges abgucken. Die Menschen in den Teilnehmerländern auf der Erde feierten das Ereignis ausgiebig, bedeutete es doch, den so weit überlegenen Brüdern vom Mars einen Schritt näher gekommen zu sein.

Auf dem Mars wurde die Landung in der Fernseh- und Internetsendung Stories from Space übertragen, die wöchentlich von 500 Millionen Zuschauern weltweit verfolgt wurde. Die Sendung wurde von Heike Wierzchowski moderiert. Jaqueline Myhrre wirkte als Produzentin und Regisseurin mit. Die Beiträge kamen von den unterschiedlichsten Forschungsgruppen oder Einzelpersonen. Mit der Landung des Erdschiffes, das den Namen Future trug, begann auch eine der wichtigsten Konferenzen der letzten Monate. Die WSA-Länder und die UPA planten innerhalb der fünftägigen Beratungen Meilensteine zur weiteren Erforschung des Weltalls zu setzen. Es ging vor allem darum, die vorhandenen Kapazitäten zu bündeln und sinnvoll einzusetzen. Im Vorfeld hatten Expertenkommissionen an zahlreichen Missionsplänen gearbeitet. Der Star der Konferenz war ganz ohne Zweifel der Plan einen gemeinsamen Fernerkunder zu bauen, der ähnlich wie die ISS Spitzentechnologie aus allen beteiligten Nationen in einem Schiff vereinen sollte. Bob Zubrin, der amerikanische Astronaut Mark Edward Kelly und der Russe Konstantin Kosejew präsentierten die Entwürfe in einer atemberaubenden Computeranimation, die in den Studios der BBC entstanden war.

Der Antrieb des Schiffes, sowie die Antriebskontrollen und die Software würden vom Mars kommen. Die USA und die UPA entwickelten gemeinsam das Navigationssystem. Aus Europa kam eine Vielzahl von Komponenten, unter anderem ein Hochleistungscomputer, der das Herz des Schiffes werden sollte. Die Russen steuerten vor allem Lebenserhaltungssysteme und astronomische Ausrüstung bei. Außerdem hatten sie ein flexibles Andocksystem entwickelt, an dem sowohl die neue russische Raumfähre Buran II sowie die amerikanischen Ionenschiffe und das europäische Shuttle Hermes II andocken konnten. Aus Japan kamen Handheldcomputer, die sich als wahre Wundermaschinen entpuppten. Mit dem Bau des Erkundungsschiffes sollte der Hauptgedanke des neues Weltraumprogramms unterstrichen werden, die Suche nach intelligentem Leben im All.

Die Entdeckung Blue Heavens hatte die lang gehegte Vermutung bestätigt, dass das Leben überall im Weltraum verbreitet ist. Wega 10 und 11 erwiesen sich ebenfalls als belebte Welten. Wega 10, der seit Beginn des Jahres 2005 den Namen Jurassic Park trug, war eine Dschungelwelt im Urzustand. Bevölkert von riesigen Dinosauriern tat sich hier der Blick in die tiefste Vergangenheit des Lebens auf. Der Eisplanet Wega 11 trug ebenfalls Leben, dass an die arktischen Bedingungen dort angepasst war. Der Planet erhielt den Namen Snowball. Insgesamt befand sich alles Leben im Wega-System jedoch auf frühen Entwicklungsstufen. Es mochte vielleicht einmal intelligente Lebensformen hervorbringen. Wann vermochte aber heute niemand zu sagen. Wenn das Universum aber Leben auf verschiedenen Entwicklungsstufen hervorbrachte, dann mussten auch irgendwo Zivilisationen existieren, die mit der Menschheit auf einer Stufe standen oder sogar weiter entwickelt waren. Und die wollten die Menschen unbedingt finden. Ein weiterer Menschheitstraum begann sich zu erfüllen.

Unter dem Eindruck dieses Traumes wandelte sich die Menschheit. Die Gegensätze und Konflikte traten zurück hinter den gemeinsamen Gedanken unsere Brüder zu finden. Einzig die islamische Welt wendete sich ab und fiel zurück. Die letzten Forschungen im Bereich der Überlichtantriebe hatten gezeigt, dass die äußere Form der Marsschiffe ansich nicht optimal war. Die Schiffe der 122 Meter Klasse erwiesen sich als die größten Strukturen, die man mit der vorhandenen Technik in den Hyperraum versetzen konnte. Der Entwurf den Bob Zubrin und seine Kollegen heute vorstellten ließ die Herzen alter Perry Rhodan Fans höher schlagen. Das Lichtfeld welches durch die hintereinander geschalteten Mandelbrotgeneratoren entstand war nämlich annähernd rund. So wies das geplante Schiff denn auch die Form einer Kugel auf. Um die Kugel herum waren in einem Ringwulst 24 Mandelbrotgeneratoren installiert, die drehbar aufgehängt waren. Auf diese Weise konnte man sie entweder zur Beschleunigung, zum Abbremsen oder zum Eintritt in den Hyperraum verwenden. Besonders imposant war die Größe des Schiffes. Der Durchmesser lag bei 310 Metern. Im Inneren befand sich eine fliegende Stadt mit allem, was Menschen zum leben und forschen benötigten. 16 Beiboote und 80 sogenannte Multisonden waren an Bord. 10 verschiedene Rover für Bodenerkundungen waren ebenfalls dabei. Es gab verschiedene Laboratorien und eine astronomische Abteilung. Eine Krankenstation, ein Fitnessraum, ein Kino sowie mehrere Restaurants und Bars befanden sich ebenfalls an Bord des Fernerkunders. Über dem Ringwulst verlief an ein Glasgang rund um das Schiff, von dem aus man die Sterne betrachten konnte. Auf verschiedenen Decks waren Railguns eingebaut. Man konnte schließlich nie wissen, auf was man im Universum treffen würde. Der oberste Grundsatz der Mission bestand zwar darin unter allen Umständen den Frieden zu wahren, aber wer konnte schon sagen, ob das andere Zivilisationen auch so sahen.

85 Mitglieder zählte die Besatzung, die sich zu gleichen Teilen aus Amerikanern, Europäern, Russen, Japanern und Marsianern zusammensetzte. Aufgrund ihrer technischen Überlegenheit und ihrer Erfahrungen mit dem Hyperraum erhielten die Marsianer alle Führungspositionen für die Mission. Die Konferenz endete mit dem Ergebnis das Schiff auf dem Mars zu bauen und ausgewählte Sterne in einem Umkreis von 1000 Lichtjahren zu untersuchen. Das bedeutete die Untersuchung von 34 Sternen, die vorher durch eine Arbeitsgruppe bestimmt wurden. Unter der Mannschaft würde sich wieder einmal die alte Mars Explorer-Crew finden. Die Teilnahme der "alten" Weltraumhelden schaffte Vertrauen bei den anderen Besatzungsmitgliedern.

Mit dem Ende der Konferenz begann sofort der Bau des Schiffes. Für die Fertigstellung wurden vier Monate veranschlagt. Noch einmal drei Monate wurden für Tests, Ausrüstung und Training ins Land ziehen. Bis dahin wurde vor allem eine Frage heiß diskutiert. Was tun, wenn die Expedition tatsächlich auf intelligentes Leben traf? Wie würden die Fremden sein? Wie würden sie aussehen? Jörg Schabeck zeichnete während der Besprechungen immer neue, ganz besonders monströse Außerirdische. Bei einer der Zeichnungen sah ihm Jaqueline über die Schulter und sagte, "Wenn die so aussehen, fliege ich nicht mit!" "Wieso, was hast du denn gegen einen sabbernden Dreibeinigen mit Froschgesicht einzuwenden?", fragte Jörg. Es gab aber auch wesentlich ernstere Untersuchungen darüber, was die Expedition erwarten könnte.

Währenddessen trafen mehr und mehr Besatzungsmitglieder von der Erde ein. Die Neulinge gingen sofort in das Astronautentraining. Das hatte zwar jeder auf der Erde bereits absolviert, aber unter Marsbedingungen bekam die Sache eine ganz andere Bedeutung. Ein großer Teil des Trainings bestand daraus, die Menschen von der Erde mit den technischen Eigenschaften von Marsschiffen vertraut zu machen. "Was ihr bisher geflogen habt, waren bessere Konservendosen.", pflegte Björn Grieger seinen Schülern zu erklären, "bei einem Marsschiff handelt es sich dagegen um ein wirkliches Raumfahrzeug mit allen seinen Vorteilen und allen seinen Zicken. Die Leichtigkeit mit der sich unsere Schiffe fliegen lassen, verleitet jeden, der im Pilotensessel sitzt Risiken einzugehen. Ich sage euch, tut's nicht. Denn soweit unsere Technik auch sein mag, was uns da draußen erwartet, weiß keiner von uns." So glichen die ersten Flugversuche der Gastastronauten auch eher bescheidenen Hüpfern. Nichtsdestotrotz war die Begeisterung für die Photonenschiffe riesengroß. Die Flugausbildung mussten alle durchlaufen. Das allein füllte schon einen beträchtlichen Teil des Tages. Hinzu kamen aber noch die Trainings in den speziellen Aufgabenbereichen, das Survivaltraining auf der Marsoberfläche, das theoretische Studium der Mission und und und.

Die meisten Astronauten fielen nach den 15 Stunden Tagen am Abend todmüde in ihre Betten. Einigen schien der Stress dagegen kaum etwas auszumachen. Einer von denen war der Brite Ronald Cunnings, der abends immer im Red Rock zwei Biere trank. Cunnings gehörte zur astronomischen Abteilung, die unter anderem die Zielsterne untersuchte. Hierzu stand ihnen inzwischen das NGST (Next Generation Space Telescope) zur Verfügung, das es möglich machte, Planeten auch bei relativ weit entfernten Sternen direkt zu beobachten. Auf diese Art und Weise war in den letzten Wochen eine Hitliste der vielversprechendsten Sterne entstanden. An diesem Abend gesellten sich Sven Knuth und Pascal Lee zu dem Engländer. "Na Ron," fragte Sven zwischen zwei Schlucken Guiness, "welches Sternchen wird der erste sein?" Cunnings zeigte gerade nach oben gegen die Zimmerdecke und sagte "Der da." "Welcher? Die Deckenlampe?", fragte Pascal. "Nein, Achernar oder Alpha Eridani, ganz wie ihr wollt. Steht im Moment ziemlich genau 78 Lichtjahre über uns. Oder 4,6E14 Meilen.", antwortete Cunnings. "Bei Alpha Eridani haben wir mindestens 18 Planeten entdeckt. Das sollte sich doch lohnen, oder?", vervollständigte Cunnings seine Ausführungen. "Weiter, als je ein Mensch gereist ist.", sinnierte Sven. Von der schieren Entfernung tief beeindruckt, leerte er sein Bier und bestellte sich ein weiteres. Alpha Eridani also. Eigentlich so gut oder schlecht, wie jeder andere Stern. Trotzdem würde das alles andere als Routine werden. Da war er sich sicher.

Weltensprünge

10.05.2006

Keine Frage, das Schiff war großartig. Die über 300 Meter messende Kugel ruhte auf ihren Landebeinen auf dem Flugfeld und wartete darauf in den Raum zu starten. Auf der Seite prangte der Name Perry Rhodan. Damit wollte man die Science-Fiction Serie ehren, in der vor 60 Jahren zuerst über Kugelschiffe geschrieben wurde. Neben dem Schriftzug waren die Flaggen der USA, UPA, Europas, Russlands und Japans zu sehen. Vor der Perry Rhodan stand die Besatzung in Raumanzügen, bereit an Bord zu gehen. 85 Astronauten, die der Menschheit einen Traum erfüllen wollten. In den Hangars hatten sich Fernsehteams hinter den Fenstern plaziert, um möglichst die besten Bilder vom Start zu ergattern. Die Abschiedsrede wurde von James Cameron kurz und unpathetisch gehalten. Als besonderer Gruß wehten aus einem Hangartor hunderte von Luftballons auf das Flugfeld. An jedem Ballon hing ein Zettel, auf den ein Kind von der Erde oder vom Mars seine Wünsche für die Astronauten geschrieben hatte. Jeder aus der Besatzung griff sich einen Ballon heraus, um ihn mitzunehmen. Die Wünsche der Kinder würden sie auf ihrer Reise begleiten. Dann ging es an Bord. Einer nach dem anderen stieg eines der vier Laufbänder hinauf, die in das Innere der Perry Rhodan führten. Die Luken schlossen sich und der Countdown begann. Bei null begann etwas, das man auf dem Mars bisher nur bei Testflügen des Schiffes gesehen hatte. Die Kugel erhob sich wenige Meter über den Boden und blieb dann stehen. Die Landebeine wurden eingefahren und die Kugel drehte sich langsam um die eigene Achse. Dann schwebte die Perry Rhodan gemächlich aufwärts, um auf exakt 500 Metern Höhe zu beschleunigen. Bald schon war nur noch der kleine Punkt zu sehen, den die Marsianer von zahllosen Raumstarts gewohnt waren.

An Bord gingen derweil 85 Profis ihren Tätigkeiten nach. Im Moment hatten Nataliya und der Russe Michail Tjurin die Hauptaufgabe, nämlich das Schiff zu fliegen. Andere saßen an den Ortern und Kontrollen, führten Checks durch oder bereiteten ihre Ausrüstung vor. Das galt vor allem für die astronomische Abteilung. 20 der 85 Frauen und Männer an Bord der Perry Rhodan waren für die Logistik des Schiffes verantwortlich. Kochen, waschen, kellnern und so weiter zählten zu diesen Tätigkeiten. Ansonsten gab es an Bord nur eine sehr flache Hierachie. Jörg Schabeck war Kommandant, Nataliya fungierte als erste Pilotin. Heike Wierzchowski leitete die Datenverarbeitung und Markus Landgraf die geologischen und meteorologischen Teams. Pascal Lee war für Exobiologie und die astronomische Abteilung verantwortlich, während Sven Knuth die Shuttles und Rover betreute. Volker Mang und Manfred Hettmer waren für die Schiffstechnik zuständig. Joschua Tchao und Jaqueline Myhrre hatten die Ortungs- und Kommunkationsabteilung inne. Damit fiel auch die Kommunkation mit eventuellen Außerirdischen in ihren Bereich. Bob Zubrin schließlich leitete die Missionsplanung. Die alte Mars Discovery Crew war wieder in ihrem Element.

Im Augenblick schoß die Perry Rhodan mit 820.000 Kilometern pro Stunde auf den Eintauchpunkt zu. Eine der Multisonden wurde ausgesetzt und beschleunigt. Die Sonde würde zuerst zum Zielstern fliegen, dort die Position untersuchen, an der das Mutterschiff aus dem Hyperraum kommen sollte und dann zurückkehren. Man wollte schließlich nicht mit einem Asteroiden oder was auch immer kollidieren. Außerdem bekamen sie so auch die ersten aktuellen Fakten über den Zielstern geliefert. Das neueste Bild, welches vom NGST geliefert wurde war immerhin 78 Jahre alt und zu wenig detailliert, als das man aufgrunddessen einen Hyperraumflug wagen konnte. An der Rückseite der Kommandozentrale befand sich ein Großbildschirm mit einer Bildschirmdiagonale von 135 Zoll. Darauf konnten alle Informationen eingeblendet werden. Der Bildschirm konnte beliebig geteilt werden und Daten von bis zu 16 Informationsquellen gleichzeitig darstellen. Das aktuelle Bild zeigte den leeren Raum vor der Multisonde, das beim Eintauchen der Sonde in die fünfte Dimension erlosch. Nach 35 Minuten kehrte der Späher zurück und sendete seine Daten an die Perry Rhodan. Alpha Eridani erschien blauweiß flimmernd auf dem Schirm. Das Bild wurde geteilt und die Radardaten des Austrittspunktes erschienen. In einem Umkreis von 300.000 Kilometern um die Sonde war der Raum leer. Keine Gefahr für die Expedition. Zwei Stunden später nahm das Mutterschiff die Sonde wieder auf und hielt weiter auf den Eintrittspunkt zu. Nach der Landung der Sonde wurde alle Daten heruntergeladen und bewertet. Unmittelbar vor dem Eintritt der Perry Rhodan in den Hyperraum wurden auch die Daten des Eintritts der Sonde noch einmal bewertet. "Da stimmt was nicht", bemerkte Sven Knuth, "da ist irgendein Magnetfeld am Eintrittspunkt. Außerdem stimmt was mit der Entfernungsmessung der Sonde nicht. Hiernach hat sie auf dem Hinflug 140 Lichtjahre zurückgelegt. Das kann doch eigentlich gar nicht sein." In diesem Moment erfolgte der Eintritt der Perry Rhodan in den Hyperraum. Als Sven gerade rief "Eintritt abbrechen!" erschien ein blauweißer Stern vor ihnen. Sven hatte eine Sekunde zu spät reagiert.

"Das ist nicht Alpha Eridani!", rief er als nächstes. Die anderen drehten sich verwundert zu ihm um. Sie hatten in der Anspannung vor dem Eintritt nichts vom Fehlflug der Sonde mitbekommen. "Was sagst du?", fragte Jörg, "Das ist nicht Alpha Eridani? Was ist es dann?" "Ich weiß es nicht. Die Sonde ist beim Eintritt durch eine Art Magnetfeld geflogen und hat anstatt der geplanten 78 Lichtjahre 140 zurückgelegt.", erläuterte Sven den verblüfften Zuhörern. "Wir haben das auch getan, aber ich kann nicht sagen, in welche Richtung wir geflogen sind." Jörg sah sich den blauweißen Riesenstern an. "Wo mögen wir sein? Der Stern hier sieht Alpha Eridani jedenfalls ziemlich ähnlich.", sagte er. "Eigentlich müssten wir ihn identifizieren können", schaltete sich Markus Landgraf ein, "Wir haben die Entfernung vom Sonnensystem und wir können die Spektralklasse unseres Kumpels da draußen bestimmen. Daraus müsste sich doch schon mal was machen lassen." Jörg sah sich den blauen Stern auf dem Monitor an. Die Daten wiesen ihn mit der Spektralklasse B7 aus. Ihr eigentliches Ziel lag in der Klasse B9n. Das hatte aber bei der Bewertung der Sondenbilder niemand beachtet. Genausowenig wie die Anomalie an der Eintrittsposition.

Das Elektronengehirn errechnete eine Liste von in Frage kommenden Sternen. Die höchste Wahrscheinlichkeit wurde bei dem Stern Nath ausgewiesen. Das bedeutete, dass die Perry Rhodan fast in engegengesetzter Richtung von ihrem Kurs abgelenkt worden war. Sven begann nach der Sonne zu suchen. Wenn der Stern dort draußen tatsächlich Nath oder Beta Tauri war, dann musste die Sonne an einer ganz bestimmten Himmelspostion zu finden sein. Die Teleskope wurde auf den betreffenden Punkt im All gerichtet. Dort stand in der Tat ein gelber Stern, dessen Spektralklasse mit dG4 bestimmt wurde. Die Sonne war das schon mal nicht. "Könnte Alpha Centauri sein.", brummte Sven. Dicht daneben stand ein weiterer gelber Stern, der die Klasse dG2 aufwies. Das passte exakt auf die Sonne. Sven bestimmte die Entfernung zwischen dem vermeintlichen Alpha Centauri und dem anderen gelben Stern und kam auf ca. 4 Lichtjahre. Das sah auch gut aus. Um sicher zu gehen, suchte die astronomische Abteilung noch Theta Ophiuchi, der mit der Klasse B2 von hier aus gesehen über der Sonne stehen musste. Auch dieser Stern befand sich an der vorgesehenen Position. Jörg atmete hörbar auf. "Dann wissen wir ja wenigstens, wo wir sind. Können wir von hier aus eine Sonde zur Sonne schicken, damit man auf dem Mars Bescheid weiß?", fragte er. "Kein Problem, geht in 15 Minuten raus", antwortete Volker Mang. "Eines haben wir zumindest gelernt", sagte Jörg, "Wir müssen zukünftig unsere Eintrittsposition früher und genauer untersuchen. Vielleicht können unsere Freunde auf dem Mars mehr über dieses komische Magnetfeld herausfinden. Die Wirkung ist jedenfalls ziemlich fatal. Ich denke, wo wir schon einmal hier sind, können wir unsere Untersuchung auch mit Beta Tauri beginnen. Bob, arbeitet ihr bitte einen entsprechenden Missionsplan aus? Pascal, ihr sucht nach Planeten. Und jetzt brauche ich erstmal einen Kaffee."

Die Teams machten sich an die Arbeit. Eine erste Durchmusterung des Beta Tauri Systems förderte 19 Planeten zutage. Davon waren 11 Gasriesen von bis zu sechsfacher Jupitergröße. Zwischen dem achten und dem neunten Planeten lag ein ausgedehnter Asteroidengürtel. Der siebte Planet erschien recht interessant. Etwa erdgroß wies er eine blau bräunliche Färbung auf. Dort würden sie die erste Sonde hinschicken. Auch die anderen Planeten würden Besuch von der Menschheit bekommen. Die Sonden wurden programmiert und losgeschickt. Inzwischen war klar, dass der siebte Planet eine Sauerstoff-/Stickstoffatmospähre besaß. Der Zufall hatte die Perry Rhodan direkt in ein geeignetes System geführt. Das Schiff bewegte sich weiter in das System hinein. Die Sonden führten kurze Hyperraumflüge durch, um ihre Ziele schnell zu erreichen. Die Multisonde PR/04 schwenkte in eine Umlaufbahn um Nr. 7 ein und richtete seine elektronischen Augen auf die Oberfläche. Die ersten Bilder kamen herein und wurden in allen Abteilungen auf die Monitore gegeben. Was sie sahen, war eine ausgedehnte Wüste über die hier und da ein paar Wolken hinwegzogen. Eine Küstenlinie kam ins Bild und die Wüste wechselte sich mit einem Ozean ab. Innerhalb der nächsten 30 Minuten sahen sie nur Wasser mit vereinzelten Inseln darin. Zeitweilig wurde der Blick auf die Planetenoberfläche von einem riesigen Tiefdruckwirbel versperrt. Eine zweite Kamera der Sonde entdeckte derweil zwei Monde, die den Planeten umkreisten. Die nächste Küste rückte in das Blickfeld der Betrachter. Hier überwog das Grün, was auf Planzenbewuchs schließen ließ. Die Küste machte einen Knick und verlief nahezu in Flugrichtung der Sonde. Die Kamera zoomte die Oberfläche weiter heran.

"Schaut mal!", rief Pascal, "das sieht irgendwie regelmäßig aus. Wie Felder!" Alle Augen hefteten sich auf das Bild, das sie sahen. Tatsächlich sah es wie eine Kulturlandschaft auf der Erde aus. Fasziniert verfolgte die Besatzung des Schiffes den weiteren Flug der Sonde. Eine kleine, runde Struktur kam ins Bild. "Ranzoomen, schnell!", ordnete Jörg an. Verblüfft sahen sie Häuser und Straßen auf dem Monitor auftauchen. Eindeutig eine Ansiedlung. Jörg fühlte sich an die Rundlingsdörfer seiner niedersächsichen Heimat erinnert. "Mein Gott!", hauchte Heike, "wir haben sie gefunden. Das, das ist einfach unglaublich. Wir sind durch Zufall hier gelandet und haben sie gefunden!" In der Zentrale redeten jetzt alle wild durcheinander. Mehr und mehr Besatzungsmitglieder drängten in den Raum, um die Bilder auf dem Großbildschirm zu sehen. Dort folgte die Sondenkamera gerade einer langen Straße, die auf eine riesige Stadt am Horizont zulief. Die Stadt schien mindestens die Größe New Yorks zu besitzen. Einige hohe Einzelbauwerke waren deutlich auszumachen. Ein Hafen war zu sehen, in dem man deutlich Schiffe ausmachen konnte. Von der Stadt führten mehre große Straßen weg. Atemlos betrachteten sie die Bilder. Sie hatten eine ausserirdische Zivilisation entdeckt! Manchmal schien der Zufall der mächtigste aller Götter im Universum zu sein. "Wer die wohl sein mögen?", fragte Jaqueline. "Wir werden es herausfinden.", sagte Pascal und blickte versonnen auf die Bilder der Stadt. "Wir werden es herausfinden."

Der große Asgard von Yokan war ungehalten. Seit Wochen erhielt er nur schlechte Nachrichten vom Kampf gegen die Rebellen aus Krapur. Gestern hatten sie drei Tausender seiner Armee eingekesselt und aufgerieben. Dabei hatte die Rebellion Streitwagen, Waffen und sogar Luftschrauber erbeutet. Die Dinge entwickelten sich nicht besonders gut. Seit drei Jahren währte nun schon der Krieg gegen die Aufständischen. Die Freien Krapurs, wie sich die Rebellen selbst nannten, kontrollierten bereits ein Achtel des Planeten und sie wurden beständig stärker.

Der große Asgard verstand ihren Kampf nicht. Er war der 18. Asgard des ehrenwerten Hauses Yokan. Wie alle seine Vorfahren regierte er Trombur zwar mit harter Hand, aber auch mit großer Weisheit, wie er selber fand. Die Herrschaft des Asgard war allumfassend. Seine riesige Armee kontrollierte die Völker Tromburs und sorgte für Ordnung im Reich. Natürlich musste er dabei manchmal hart durchgreifen, vor allem dann, wenn ein Dorf seine Steuern nicht zahlen konnte. Auch heute stand wieder der Obmann eines Dorfes vor ihm. Die Truppen hatten ihn festgenommen und nach Romnapur, der wunderbaren Stadt gebracht. Die anderen Bewohner des Dorfes warteten in den Kerkern der Stadt auf das Urteil, das der Herrscher über sie fällen würde. "Nun, Obmann von Kreschpalur, was ist der Grund, dass ihr dem Reich nicht geben wollt, was ihr schuldig seid?", fragte der Asgard den Gefangenen. "Großer Asgard, wir sind dem Reich treue Untertanen.", begann der alte Obmann seine Rechtfertigung, "Aber die letzten Winter waren hart und die Ernten schlecht. Unsere Erträge reichen nicht, die geforderte Steuer zu zahlen." "Obmann von Kreschpalur, willst du sagen, die Steuer sei zu hoch bemessen?" "Nein Großer Asgard, aber Kreshpalur hat nicht genug sie zu begleichen.", jammerte der Alte. "Vielleicht ist es ja auch so, dass ihr heimlich die Rebellion unterstützt.", vermutete der Asgard. "Nein Herr, das tun die Leute in Kreschpalur nicht. Wir lieben unser Reich und seinen Herrscher." "Aber ihr bezahlt eure Schuld nicht!", bellte der Asgard, "Nennt ihr das Liebe? Wie sollen die edlen Soldaten euch vor der Heimtücke der Rebellen schützen, wenn ihr nicht ordnungsgemäß eure Abgaben zahlt?" Der Alte schien verzweifelt. "Eure Soldaten nehmen uns doch schon fast alles. Und nun haben wir nichts mehr, was wir noch geben könnten." "Was glaubst du Obmann, würde geschehen, wenn noch mehr Dörfer des Reiches so schlecht wirtschaften würden wie Kreschpalur? Glaubst Du nicht auch, dass das dem Reich schaden würde? Ich kann das nicht akzeptieren und du verstehst sicher, dass ich dein Dorf strafen muss." Der Alte fing erneut zu jammern an, aber der Asgard bedeutete ihm still zu sein. "Bringt alle Frauen und Mädchen des Dorfes!", befahl er einem Soldaten.

Etwa dreißig heruntergekommene Frauen und Kinder betraten den Saal und fielen vor dem Herrscher auf die Knie. Alle waren vom Hunger gezeichnet. "Nun Obmann, sieh dir diese Weiber an. Ich frage dich noch einmal: Wird Kreschpalur seine Steuern zahlen?" Der Alte hob flehend die Hände. "Alles würden wir geben großer Asgard, aber wir haben wirklich nichts mehr! Bitte lasst meine Leute ziehen, damit wir die Steuer erwirtschaften und nachzahlen können." Der Asgard nickte dem Soldaten zu, der die Frauen gebracht hatte. Ein Zehner Soldaten marschierte in den Saal und richtete automatische Waffen auf die Frauen. "Sieh nun die Strafe für euer Vergehen", sagte der Asgard zu dem alten Mann. Zwei Soldaten packten den Alten und drehten ihn zu den Frauen und Mädchen um. Die schwiegen und sahen aus hoffnungslosen Augen auf den Boden. Das Durchladen der Waffen hallte durch den Saal. Dann erschossen die Soldaten die Frauen und Mädchen. Selbst die Säuglinge starben im Kugelhagel. Der Alte wurde von zwei Soldaten hinaus geschliffen und vor den Palast geworfen. Dort nahmen ihn die Männer des Dorfes, die die Folter in den Kerkern überlebt hatten in ihre Mitte und zogen davon. Sie bestiegen ihre alten Lastwagen und fuhren nach Haus Eine verzweifelte Karawane zog aus der wunderbaren Stadt. Ihrer Zukunft beraubt gingen sie zurück nach Kreschpalur. Die Weisheit des Asgard hatte der Rebellion neue Kämpfer beschert.

Hoch über den Köpfen der Verzweifelten trat zur selben Zeit ein großes Raumschiff in eine hohe Umlaufbahn um Trombur ein. Die Menschen an Bord der Perry Rhodan sahen das Elend der Männer Kreschpalurs nicht. Im Versammlungssaal des Schiffes wurde darüber beraten, wie man Kontakt zu den Bewohnern des Planeten aufnehmen konnte. Zunächst würde man mit Shuttles in die Atmosphäre vorstoßen und den Planeten näher erkunden. Behutsamkeit war das oberste Gebot bei diesen Flügen. Bei geringsten Anzeichen einer Ortung oder gar einer feindlichen Reaktion der Bewohner sollten die Shuttles sofort zum Mutterschiff zurückkehren. Im Orbit um den Planeten wurden keinerlei Satelliten oder Raumschiffe ausgemacht. Also betrieben die Bewohner offenbar keine Raumfahrt. Das Straßennetz und die Größe der Stadt ließen aber auf ein relativ fortgeschrittenes Entwicklungsstadium schließen. Auch die großangelegte Landwirtschaft wies darauf hin.

Durch die Shuttleflüge sollte zunächst die Situation auf dem Planeten erkundet werden. Mit den Kameras der Shuttles würde es sicher gelingen, Bewohner von Beta Tauri 7 aufzunehmen. Die Frage, wie die Fremdem wohl aussehen mochten, stand ganz oben auf der Liste. Als zweites interessierten Entwicklungsstand und die politische Situation auf dem Planeten. Der Amerikaner Jonathan Benson war als Historiker an Bord der Perry Rhodan gekommen. Er versuchte aus den Bildern ein ungefähres Bild der Gesellschaft dort unten zu entwerfen. Ein wichtiges Merkmal schien zu sein, dass die Verkehrswege sehr lang waren. In sehr frühen Entwicklungsstadien endeten Straßen und Kanäle häufig an Landesgrenzen. Oder man fand Regionen, die stark unterschiedlich entwickelt waren. Auf Beta Tauri 7 zogen sich dagegen Straßen und Schiffahrtswege endlos dahin. Die Landwirtschaft schien, wo sie betrieben wurde, überall gleich entwickelt zu sein und die Dörfer und Städte wiesen immer ähnliche Strukturen auf. Benson schloß daraus, dass man es hier mit einem planetenweiten Staatsgebilde zu tun hatte. Die Multisonde PR/04 befand sich seit einigen Stunden auf einer tieferen Umlaufbahn. Auf dem Großbildschirm in der Zentrale des Mutterschiffes war wieder eine der Straßen zu sehen, die von der großen Stadt wegführten. Darauf bewegten sich eindeutig Fahrzeuge. Zugtiere waren nicht zu erkennen, also mußten die Gefährte motorisiert sein. Aus der Größe der Gebäude und der Fahrzeuge zog das Team einen Schluß auf die Größe der Fremden. Sie mußten etwa so groß wie Menschen sein. Würde man am Ende dort unten etwa Menschen gegenüberstehen?

Das erste Shuttle wurde klargemacht. Nataliya, Heike, Jonathan Benson und er japanische Biologe Joshi Takayama würden den ersten Flug durchführen. Sie sollten über einem dünn besiedelten Gebiet in die Atmosphäre eindringen und möglichst eine Nahaufnahme eines Bewohners von Beta Tauri 7 nach Hause bringen. Das Shuttle verließ die Perry Rhodan und ging in eine niedrige Umlaufbahn. In der Zentrale war Heikes Stimme zu hören. "Wir haben hier eine Gegend, in der nur wenige Dörfer zu sein scheinen. Allerdings finden weit nördlich davon eine ganze Menge Fahrzeugbewegungen statt. Dort muß noch irgendwo eine größere Stadt sein." "Okay," anwortete Bob Zubrin, "geht dort runter, aber meidet die Nähe der Straße und der Stadt. Und seid bloß vorsichtig." Das Shuttle bremste ab und verließ den Orbit. Der Sinkflug verlief völlig unbehelligt. Keine Radarsignale trafen auf und kein Funkspruch wurde an sie gerichtet.


Was Heike nicht wissen konnte war, dass sie über der Region Krapur in die Lufthülle eingetreten waren. Was sie auch nicht wissen konnte war, dass der beobachtete Fahrzeugverkehr nicht zu einer Stadt führte, sondern das sich dort die Truppen des Asgard auf die Front zubewegten. Ebenso konnte sie nicht wissen, dass die Armee des Asgard nicht über Radar verfügte, wohl aber über eine hochempfindliche Infrarotortung. Auch von den Flugabwehrkanonen unter sich ahnte sie nichts.

Das Shuttle ging auf fünf Kilometer herunter. Die Kamera wurde aktiviert und lieferte Bilder, die direkt an die Perry Rhodan weitergesendet wurden. Unter ihnen tauchte ein Dorf auf. Nichts rührte sich dort. Die Häuser sahen zerstört aus. "Hier scheint es einen Krieg gegeben zu haben", meldete Heike an das Mutterschiff zurück. Auch dort sah man die Bilder des verlassenen Dorfes. "Seid vorsichtig, geht auf größere Höhe. Vielleicht ist der Krieg noch nicht vorbei", mahnte Jörg. "Alles klar wir gehen auf..... Verdammt, was ist das. Wir werden beschossen." Heikes Stimme überschlug sich.

Die Soldaten der Flakbatterie nahe des zerstörten Ortes Taschpalur hatten in letzter Zeit nicht viel zu tun. Schon lange hatte sich kein Flugschrauber der Rebellen mehr blicken lassen. Der Mann am Infrarotorter suchte routinemäßig den Himmel ab, weil es seine Aufgabe war. Er hoffte nicht, etwas zu finden. Die letzte Erfassung lag Wochen zurück. Also beobachtete er einen Vogelschwarm, der seiner Wege zog. Plötzlich flitzte ein großes Signal durch das Okular. Es war ungeheuer schnell. Sowas sah der Soldat zum ersten Mal. "Ogesch, komm schnell. Ich hab was!", rief er seinem Kommandanten zu, während er das rasende Ding erneut erfasste. Automatisch koppelte er die vier Raketenwerfer der Batterie an sein Ortungsgerät. Die Geschütze verfolgten nun ebenfalls den Weg des Objektes. Ogesch sah durch den Sucher. "Beim Asgard, ist das schnell. Sowas kann nicht von Trombur kommen." Er handelte, wie Soldaten im Krieg handeln. Als das fremde Flugobjekt eine Kehre machte und nach oben zog, gab Ogesch den Feuerbefehl. Vierzig Raketen wurden in die Luft geschleudert.

Das Shuttle begann zu beben. Die Geschosse konnten der Außenhülle jedoch nichts anhaben. Wohl aber dem Antrieb. Eine Rakete schlug in das Hecktriebwerk ein, das sofort ausfiel. Dadurch fiel das kleine Schiff wieder in die Waagerechte und wandte den anfliegenden Raketen die Unterseite zu. Ein weiteres Geschoß traf eines der beiden Landetriebwerke. Nataliya reagierte wie in Trance. Sie aktivierte das zweite Landetriebwerk und legte das Shuttle auf die Seite. Zusätzlich fuhr sie die Landestützen aus und verwendete die darin befindlichen Entlastungsgeneratoren als Zusatztriebwerke. Träge zog das angeschossene Schiff auf der Seite liegend davon. Die Geschwindigtkeit nahm zu. Hauptsache, sie kamen aus Reichweite dieser verdammten Raketen heraus.

Ogesch Geschütze konnten das Schiff nicht mehr erreichen. Es bewegte sich auf der Seite liegend nach Westen auf die Front in Krapur zu. Ogesch ging zum Telegraphen und schickte einen ausführlichen Bericht an den Führer der Zehntausend, der für diesen Frontabschnitt zuständig war. Der gab seine Anweisungen und leitete die Depesche umgehend nach Romnapur weiter. Der Asgard würde sich sicher dafür interessieren.

Nataliya meldete die Schäden an die Perry Rhodan. An einen Rückflug in den Weltraum war nicht zu denken. Sie hatte Mühe das Shuttle überhaupt in der Luft zu halten. Auf der Perry Rhodan wurden in fliegender Eile zwei weitere Shuttles startklar gemacht. Jörg und Pascal flogen die beiden Schiffe. Der eilig geschmiedete Plan sah vor, das angeschossene Shuttle an einer ruhigen Stelle landen zu lassen, die Besatzung aufzunehmen und so schnell wie möglich zu verschwinden. Natürlich nicht ohne das notgelandete Schiff vorher zu zerstören.

Im Shuttle über Krapur kämpfte Nataliya mit der Steuerung. Das schwer angeschlagene Schiff ließ sich kaum noch in eine bestimmte Richtung dirigieren. Aber wenigstens schoß jetzt niemand mehr auf sie.

Die Frontsoldaten des Asgard sahen das fremde Fluggerät näherkommen. Sie verfügten hier vorn in den Schützengräben aber nicht über Raketenwerfer, sondern nur über leichte Flakgeschütze. Das Schiff der Fremden flog noch immer sehr schnell, auch wenn es auf der Seite lag und in der Luft torkelte. Die Bedienungen an den Geschützen mussten schnell reagieren, um einen Treffer zu erzielen. Eilig richteten sie ihre Kanonen aus und versuchten sie nachzuführen. Die Finger lagen an den Abzügen, bereit eine tödliche Fracht in den Himmel zu schicken.

Jörg und Pascal stießen mit ihren Shuttles auf die Planetenoberfläche herunter. Sie hielten exakt auf das beschädigte Schiff zu. Nach einiger Zeit konnten sie es sehen und beschleunigten, um schnellstmöglich an Ort und Stelle zu sein.

Die Geschützmannschaften zogen die Abzüge durch. Die Schnellfeuerkanonen spuckten ihre Granaten dem fremden Flugzeug entgegen. Wegen der unzureichenden Zieleinrichtungen gingen die meisten Schüsse jedoch ins Leere. Nur eine Granate traf die linke Tragfläche.

Nataliya spürte den Schlag des Treffers in der Steuerung. Ihre Begleiter schrien entsetzt auf. Das kleine Geschoss ließ die Solarzellen auf der Tragflächenoberseite zerbersten. Plötzlich sackte die Energiezufuhr ab. Nataliya konnte das Shuttle nicht mehr halten. Es raste über die Front hinweg und verlor stetig an Höhe. Bäume und Büsche kamen unaufhaltsam näher.
Jörg und Pascal sahen, wie Nataliyas Shuttle erneut unter Feuer geriet. "Pascal, schieß auf die verfluchten Kanonen da unten! Ich nehme die links.", schrie Jörg in das Funkgerät. Noch während Pascal anwortete, schoss ein Strahl glühenden Metalls aus seiner Bugkanone. Eines der Geschütze am Boden wurde erfasst und quasi durchgesägt. Auch Jörg schaltete ein Geschütz aus und traf dabei noch ein Fahrzeug. Sie hielten sich jedoch nicht lange auf, sondern jagten Nataliyas Shuttle hinterher. Im seinem Kopfhörer konnte er die verzweifelte Stimme seiner Frau hören. "Ich kann das Schiff nicht mehr halten. Wir stürzen ab. Oh mein Gott!". Dann war es still.

Nataliyas Shuttle krachte in die Baumkronen. Irgendwie hatte die Ukrainerin es noch geschafft das Schiff zu drehen und das intakte Triebwerk als Bremse einzusetzen. Das milderte den Aufprall ein wenig, der dennoch mit mörderischer Wucht erfolgte. Das Schiff schlitterte durch das Unterholz und blieb schließlich liegen. Heike erwachte als erste aus ihrer Benommenheit. "Seid ihr in Ordnung?", fragte sie. Joshi Takayama antwortete als erster. Nataliya bewegte sich ebenfalls und sagte schwach "Scheint alles okay zu sein." Jonathan Benson antwortete nicht. Er hing mit seltsam verdrehtem Kopf in den Gurten. Der Aufprall hatte ihm das Genick gebrochen. "Wir müssen hier raus!", sagte Nataliya und griff nach ihrer Railgun. Joshi und Heike schnappten sich ebenfalls eine Waffe und die Notrationen und verließen das Shuttle. Nur weg vom Schiff. Nataliya betätigte noch rasch den Selbstzerstörungsmechanismus des Mandelbrotgenerators. Für Jonathan konnten sie eh nichts mehr tun. Die drei Überlebenden flüchteten ins Unterholz.

Ein Zehner Soldaten des Asgards sprang auf ein Fahrzeug. Sie rasten in Richtung Absturzstelle. Der Befehl lautete eventuelle Überlebende zu fassen und unversehrt hinter die Front bringen. Bereits nach wenigen Minuten hatten sie das Schiff erreicht. Sie fanden die Leiche eines Fremden im Cockpit. Seltsam, außer, dass er weiße Haut hatte, sah er aus wie ein Tromburianer. Die Soldaten hatten keine Zeit, sich um den Toten zu kümmern. In dem Cockpit waren noch drei andere Plätze und die waren leer. Sie ließen ihr Fahrzeug stehen und rannten in die Richtung, in der das Unterholz niedergetrampelt war. Das rettete ihnen das Leben. Eine Minute später flog das fremde Schiff in die Luft.

Über der Front hatten Jörg und Pascal derweil ganz andere Probleme. Jörg versuchte verzweifelt die Verbindung zu Nataliya wieder herzustellen, als Pascals Warnung über Funk kam. Eine Vielzahl seltsamer Flugzeuge hielt auf die Rettungsschiffe zu. Sie sahen aus wie Hubschrauber, nur das der Rotor von einem Metallkranz umgeben war. In dem Kranz befanden sich weitere Rotoren, die senkrecht zum Hauptrotor standen und offenbar zur Steuerung dienten. An den Seiten der Hubschrauber waren deutlich Raketen zu erkennen, die im nächsten Augenblick auch schon abgeschossen wurden.

Die Überlebenden des Absturzes liefen so schnell sie konnten. Hinter sich konnten sie die Rufe ihrer Verfolger hören. Vor ihnen öffnete sich plötzlich das Unterholz und gab eine breite Lichtung frei. Hier gab es so gut wie keine Deckung. Trotzdem liefen sie auf den gegenüberliegenden Waldrand zu. Sie hatten den Wald fast erreicht, als ihre Verfolger aus dem Unterholz hervorkamen. Sie hörten Rufe in einer fremden Sprache und liefen weiter. Schüsse peitschten durch die Luft. Joshi überschlug sich mitten im Lauf und blieb liegen. Heike, die schräg hinter ihm lief hielt an und kniete sich neben Joshi nieder. Der Japaner war ebenfalls tot. Ihre Verfolger kamen immer näher. Heike rannte gebückt auf den nahen Waldrand zu und versuchte Nataliya wieder einzuholen.

Jörg und Pascal flogen Ausweichmanöver, um den Raketen zu entkommen. Die Geschosse waren langsam und schienen ungelenkt zu sein. Somit bedeuteten sie keine unmittelbare Gefahr. Inzwischen waren die Hubschrauber herangekommen und schossen aus Bordkanonen auf die Shuttles. Sie versuchten unter allen Umständen, die fremden Schiffe nicht an die Absturzstelle gelangen zu lassen. Die Shuttlepiloten machten sich an die Arbeit und begannen nun ihrerseits die Hubschrauber zu jagen. Gegen die Railguns der Marsianer bestand nicht die leiseste Chance. Ein Hubschrauber nach dem anderen explodierte in der Luft, wenn die Railguns die Gastanks trafen. Aber der Luftkampf kostete wertvolle Zeit.

Nataliya und Heike hatten den Waldrand fast erreicht. Ihr größtes Problem war, das auf Beta Tauri 7 fast Erdschwerkraft herrschte. Dadurch waren ihre Verfolger näher herangerückt. Plötzlich blitzte es im Wald auf. Die Frauen hörten die Schreie ihrer Verfolger und warfen sich auf den Boden. Nach kurzer Zeit hörte das Schießen aus dem Wald auf. Heike hob den Kopf und sah eine dunkelhäutige Frau aus dem Wald treten. Sie hielt eine Waffe in der Hand, deren Mündung zu Boden zeigte. Mit der anderen Hand winkte sie. Heike und Nataliya standen langsam auf und gingen auf die Frau zu. Die winkte immer noch und sagte etwas in einer weichen, seltsamen Sprache. Als Nataliya die Fremde erreichte, sah sie sich ihre vermeintliche Retterin näher an. Vor ihr stand eindeutig ein Mensch! Aus dem Busch tauchten jetzt weitere Frauen und Männer auf. Heike und Nataliya wurden gepackt und in den Wald gezerrt. Ihre Retterin trieb sie mit Gesten zur Eile an. Immer weiter ging es in den Wald hinein.

Jörg und Pascal waren derweil zur Absturzstelle durchgebrochen. Sie sahen weitere Fahrzeuge darauf zuhalten. Ohne zu zögern schossen sie die Gefährte ab. Aus der Luft konnten sie ihre Leute jedoch nirgends entdecken. Pascal wählte den Palmtop von Heike an. Er bekam ein Antwortsignal aus dem Wald ca. einen Kilometer vor ihm. Das Signal bewegte sich von der Absturzstelle weg, wurde plötzlich schwächer und verschwand schließlich. Pascal hatte sie für Sekunden gehabt und jetzt war sie einfach verschwunden.

Die Gruppe, die Heike und Nataliya vor den Soldaten gerettet hatte erreichte eine Höhle. Kurz bevor sie in den Eingang gedrängt wurde meldete sich Heikes Palmtop. Als sie gerade nachsehen wollte, schirmte das Gestein das Signal ab. Die Verbindung war unterbrochen. Nataliya sah sich ihre Retter genauer an. Ein Haufen verwegener Gestalten stand um sie herum und tat das gleiche mit ihr. Ihre Retter waren eindeutig Menschen. Von ihrer Hautfarbe und ihren Gesichtszügen her ähnelten sie stark den Menschen in Indien. Die junge Frau, die sie als erste gesehen hatten trat vor und sagte etwas. Heike antwortete auf Englisch, dass sie nichts verstand. Die Frau zeigte auf sich und sagte langsam "Assagima". Diese Geste war unmißverständlich. Heike deutete auf Nataliya und sagte deren Namen. Dann deutete sie auf sich und nannte ihren eigenen Namen. Assagima wiederholte die Namen. Anschließend machte sie mit den Armen eine weit ausladende Geste und sagte "Trombur". Aha, das war also der Name dieser Welt. Ihre Retter schauten sie neugierig und freundlich an. Sie nahmen ihnen weder ihre Waffen, noch andere Ausrüstung ab. Nataliya deutete nach oben und fuhr dann mit der Hand bis auf den Höhlenboden herunter, um zu zeigen, das sie aus dem Weltall gekommen waren.

Assagima nickte.

Nataliya sah sie erstaunt an. Ein Nicken schien hier ebenfalls "ja" zu heißen. Assagima lächelte und ging auf Nataliya zu. Sie hob die Hand und berührte Nataliyas Gesicht. Dann sagte sie etwas zu ihren Begleitern, die daraufhin zu lachen begannen. Wahrscheinlich war es Nataliyas und Heikes weiße Haut, die für Erheiterung sorgte.

Heike wollte zum Höhleneingang gehen, um festzustellen, ob sie noch ein Signal empfangen konnte. Assagima hielt sie zurück und deutete nach draußen. "Asgard!" sagte sie und strich sich mit der Hand über die Kehle. Wieder so eine Geste! Wie konnte es nur sein, das sich Leben, das sich auf zwei weit entfernten Planeten entwickelt hatte so ähnlich war? Zwei ihrer Begleiter hatten während ihrer ersten Verständigungsversuche den Höhleneingang getarnt. Eine Gaslampe wurde angeworfen und sorgte für Licht. Assagima gab Heike und Nataliya ein zusammengerolltes Bündel, das offenbar aus Aluminiumfolie bestand. Heike fiel auf, dass jeder ihrer Begleiter ein solche Rolle trug. Assagima entrollte eines der Bündel zu einer Decke. Diese legte sie dann über einen ihrer Kameraden, der es sich in einer Ecke bequem gemacht hatte. Dann nahm sie eine Art Nachtsichtgerät und hielt es auf die unbedeckten Leute. Ein deutliches Wärmebild zeichnete sich ab. Als sie mit dem Gerät auf ihren bedeckten Kameraden zielte, erlosch das Bild. Sie zeigte nach oben und ahmte mit der Hand die Geste eines Flugzeugs nach. Dann nahm sie den Infrarotorter und und wiederholte die Geste. Heike verstand, die Hubschrauber waren mit Infrarotortern ausgestattet und die Decken verhinderten eine Entdeckung. Draußen waren dumpfe Explosionen zu hören. Ein Mann stürzte zum Eingang und sah in die Decke gehüllt durch die Tarnung. Dann machte er ein Zeichen, dass sich die Gruppe tiefer in die Höhle zurückziehen sollte.

Jörg und Pascal beschossen die vorrückenden Truppen, bis ihnen die Munition ausging. Dann ordnete Jörg den Rückflug an. Die ganze Zeit über hatten sie verzweifelt versucht ein Signal von den Vermissten zu erhalten. Nur Joshis Palmtop antwortete, aber das Signal bewegte sich nicht. Die Palms verfügten über einen Körpersensor, der verschiedene biometrische Daten erfasste. Joshis Körpertemperatur wurde mit 26°C angezeigt. Der Pulsschlag war nicht mehr vorhanden. Ein deutliches Zeichen, dass der Japaner nicht mehr lebte. Das gleiche galt für Jonathans Gerät, dass die Explosion des Mandelbrotgenerators irgendwie überlebt hatte. Pascal sah auf das letzte Signal, das er von Heikes Palmtop empfangen hatte. Die biometrischen Daten waren in Ordnung. Sie lebte! Zurück auf der Perry Rhodan gingen Pascal und Jörg sofort in die Zentrale. Hier hatte Bob Zubrin inzwischen alle Erkenntnisse zusammengefasst. Auf dem Großbildschirm war eine Aufnahme des Gebietes zu sehen, in dem Heike und Nataliya verschwunden waren. Mittels einer Computergrafik waren die bekannten Positionen markiert worden. Jetzt wurden noch die Daten der Shuttles hinzugefügt, so dass man recht genau den Weg, den Heike und Nataliya genommen hatten rekonstruieren konnte. Die letzte bekannte Position war auf einer Shuttleaufnahme sehr gut zu sehen. Man konnte deutlich einen Hügel ausmachen. An Heikes letzter Position war dort ein dunkler Fleck zu sehen. Eine Höhle. "Das ist auch der Grund, weshalb ich kein Signal mehr bekommen habe", sagte Pascal, "Ich frage mich nur, weshalb sie jetzt nicht zu senden versuchen?"

Bob Zubrin trat vor und deutete auf verschiedene Positionen auf dem Bildschirm, die mit Rot markiert waren. "Seht ihr das hier? Das sind verschiedene militärische Stellungen, die wir erkannt haben. Wenn wir die verbinden, dann wird eine Front daraus. Die Absturzstelle liegt vor dieser Front. Ich sage davor, weil der erste Beschuß hier erfolgte, was dann hinter der Front sein müsste. Nach dem Absturz haben sich Heike und Nataliya von der Front weg bewegt. Wenn wir uns nun eine der ersten Aufnahmen von Jörgs Shuttle aus dieser Gegend ansehen, dann sehen wir, dass dort bereits Tote lagen bevor ihr die Verfolger angegriffen habt. Es muss also dort bereits ein Gefecht gegeben haben. Einerseits könnten sich die beiden Frauen verteidigt haben und dafür verantwortlich sein, andererseits könnten sie auch in die Hände der Gegenseite gefallen sein." Jörg macht ein besorgtes Gesicht "Na hoffentlich sind das dann wenigstens die Guten." Bob Zubrin blickte in die Runde. "Das wissen wir nicht. Wir wissen nicht, wer dort gegen wen kämpft. Wir wissen nur, das dort unten zwei Mitglieder unserer Besatzung in Schwierigkeiten stecken. Ich bin der Meinung, dass wir sie da rausholen müssen. Aus dem, was wir dort bisher an Waffentechnik gesehen haben, müssten wir technisch klar überlegen sein. Aber um die beiden zu befreien, müssen wir sie erst einmal finden. Und ich denke, wir sollten die Verfolger weiterhin daran hindern, die Höhle zu erreichen. Denn die Burschen haben sich nun wirklich nicht als nett herausgestellt." Sofort nach der kurzen Einsatzbesprechung starteten drei Shuttles mit Sven Knuth, Joshua Tchao und Manfred Hettmer an Bord, um die Verfolger in Schach zu halten. Jörg und Pascal machten sich für einen nächsten Einsatz bereit. Man wollte denen da unten das Leben so schwer wie möglich machen. Beide machten sich große Sorgen um ihre Frauen, von denen sie nicht wußten, wo sie jetzt waren und wie es ihnen ging. Ein weiteres Shuttle, das von Jaqueline geflogen wurde stand für eine Rettungsaktion bereit.

In Romnapur verfolgte der Asgard die Berichte von der Front mit größtem Interesse. Vor allem die Aussagen über die Geschwindigkeit und Treffgenauigkeit der fremden Schiffe erregten seine Aufmerksamkeit. "Welche Spezialeinheiten liegen in diesem Gebiet?", fragte er seinen Militärchef. "Ein Hunderter Unsichtbarer ist dort direkt an der Front, großer Asgard.", lautete die Antwort. Die Unsichtbaren waren auf Trombur so etwas wie die SAS in England. Sie zählten zu den besten Truppen des Asgard und waren nicht nur für ihre Perfektion, sondern auch für ihre Grausamkeit bekannt. Der Asgard nickte zufrieden. "Schickt sie los. Der Befehl lautet, die Fremden zu fassen. Aber es darf ihnen nichts geschehen. Ich will sie lebend und bei guter Gesundheit. Vielleicht ist erst eine lange Folter nötig, bis sie uns ihre Geheimnisse preisgeben. Lasst die normalen Truppen weiter auf die Position marschieren, an der die Fremden verschwunden sind. Das wird ihre Flugzeuge dort binden." An der Front machte der Führer der Hundert seine Truppe klar. Die Männer tarnten sich und legten Infrarotschutzanzüge an. Dann schlugen sie einen weiten Bogen, um vor die Flüchtigen zu gelangen und den fremden Fliegern zu entgehen.

Assagima und ihre Truppe drangen immer weiter in die Höhle vor. An den Wänden waren Markierungen zu sehen, die den Weg wiesen. Aber welchen Weg? Und wohin? Heike wäre nur zu gerne ins Freie gelangt, um ein Signal zu senden. Aber die Höhle zog sich scheinbar endlos hin. Assagima erklärte ihnen unterdessen laufend neue Begriffe. Sie marschierten jetzt schon seit einer Stunde. Endlich erreichten sie etwas, das wie ein Aufgang aussah. Assagima ging voran und öffnete eine hölzerne Klappe. Frische kalte Luft strömte herein. Draußen war es dunkel. Assgima horchte eine Weile, bis sie sich herausschwang und den anderen ein Zeichen gab. Noch während des Ausstiegs aktivierten Heike und Nataliya ihre Palmtops. Die Antwort kam prompt. Jörgs Gesicht erschien auf dem kleinen Monitor. "Wie geht es euch?", fragte Jörg. "Erschöpft, aber offenbar in guten Händen", gab Nataliya zurück, "Wir wissen noch nicht genau, wer unsere Retter sind, aber auf alle Fälle sind sie ein mächtiges Risiko eingegangen, um uns in Sicherheit zu bringen. Könnt ihr unsere Position ermitteln?" "Schon passiert", bestätigte Jörg, "Jaqueline ist quasi schon auf dem Weg zu euch. Pascal und ich machen uns auch gleich auf, um eure Position zu sichern. Bis gleich, Schatz. Haltet durch." Das Bild auf dem Palmtop erlosch, aber das Signal blieb bestehen. Erst jetzt bemerkte Nataliya, dass Assagima neben ihr stand und fasziniert auf das Gerät in ihrer Hand starrte. Bildübertragung war auf Trombur nicht bekannt. Man hatte gerade die Fotografie praxisreif gemacht. Nataliya deutete auf den kleinen Bildschirm und deutete nach oben. Assagima verstand, dass die Fremde gerade mit einem Mann aus dem All gesprochen hatte.

Die Unsichtbaren gingen schnell und routiniert vor. Sie sickerten in die Stellungen der Rebellen ein und töteten nur dann, wenn es unumgänglich war. Alles geschah absolut lautlos. Sie umgingen den Hügel, kamen dabei aber im freien Gelände schneller voran, als die Gejagten innerhalb der Höhle. Als Assagima die Luke öffnete war sie in den Infrarotzielfernrohren der Unsichtbaren deutlich zu sehen. Die Entfernung betrug etwa 700 Mannslängen. Sie schossen jedoch nicht, weil sie befürchten mußten, die Fremden zu treffen. Ohne einen Laut arbeiteten sie sich weiter vor.

Jaqueline befand sich in einer Höhe von 20 Kilometern und hielt mit ihrem Shuttle auf die Signale der Palmtops zu. Etwa 1000 Kilometer über ihr tauchten Jörg und Pascal in die Atmospähre ein. Auf 5 Kilometer Höhe aktivierte Jaqueline die Bugkamera und schaltete ebenfalls auf Infrarotmodus. Sie konnte die Gestalten auf dem Hügel erkennen. Sie sah aber noch etwas. Etwa 300 Meter vom Hügel entfernt bewegten sich schwache Wärmeechos durch das Unterholz. Sie waren kaum auszumachen und verrieten sich eigentlich nur durch ihre Bewegung. Jaquline setzte einen Funkspruch ab und gab die Informationen sowohl an Heike und Nataliya, als auch an Pascal und Jörg weiter. Heike zeigte Assagima das Bild auf dem Monitor und deutete nach Süden. Die junge Frau reagierte sofort. Sie schrie ein Kommando, woraufhin sich alle die Tarndecken überwarfen und auf dem Boden in Deckung gingen. Assagima aktivierte den Infrarotorter an ihrer Waffe und suchte das Gelände ab. Das Gerät war aber zu unempfindlich, um die schwache Wärmestrahlung der Unsichtbaren zu registrieren. Nataliya nahm ihre Railgun hoch und aktivierte das optische Nachtsichtgerät. Im Restlichtverstärker konnte sie schon bald die erste Gestalt ausmachen, die geduckt und behutsam durch das Unterholz schlich. Auch Heike hatte einen Angreifer erfasst. Nataliya tippte Assagima an und zeigte nach vorn. Dann fuhr sie sich mit der Hand über die Kehle. Assagima nickte.

Aus Nataliyas Railgun fuhr ein heller Strahl. Die Gestalt in ihrer Zieloptik fiel nach hinten. Sie hörten einen unterdrückten Schmerzensschrei. Auch Heike schoß. Die Männer im Unterholz erwiderten das Feuer. Jetzt hatten auch Assagima und ihre Leute Ziele. Sie schossen auf das Mündungsfeuer ihrer Gegner. Das Feuer aus dem Unterholz wurde stärker. Die Angreifer waren zahlenmäßig 5:1 überlegen und stürmten jetzt auf den Hügel zu. Neben Heike ging ein Mann zu Boden. Die Schreie weiterer Getroffener waren zu hören. Die Luft war erfüllt vom Schwirren der Kugeln. Die Angreifer bemühten sich, nur auf das Mündungsfeuer der Rebellen zu schießen. Sie wußten, dass die anderen Waffen den Fremden gehören mussten. Die Verluste auf beiden Seiten erreichten dramatische Ausmaße, aber die Männer des Asgard gingen weiter vor. Jaqueline griff aus der Luft ein, konnte aber nicht verhindern, das die Soldaten den Hügel erreichten. Auch Jörg und Pascal waren zur Stelle und schossen auf die Angreifer. Die vorderste Gruppe der Elitesoldaten hatte währenddessen den Hügel erreicht. Kalt und professionell töteten sie einen Rebellen nach dem anderen. Nataliya wurde plötzlich von hinten gepackt. Der Soldat riss ihr die Waffe aus den Händen und hielt sein eigenes Gewehr an ihre Schläfe. Heike ereilte das gleiche Schicksal.

Assagima war die letzte noch lebende Rebellin. Einer der Soldaten trat vor und schlug ihr ins Gesicht. Dann zog er sie auf die Füße. Grinsend rammte er ihr sein Gewehr zwischen die Beine und drückte ab. Er genoß es, sein Opfer zu demütigen. Die Rebellin würde auf diese Weise den langsamen und qualvollen Tod sterben, den sie verdient hatte. Die überlebenden Unsichtbaren stießen Nataliya und Heike brutal den Hügel hinab. Sie wollten der Verfolgung durch die fremden Schiffe im Unterholz entgehen. Ein sinnloses Unterfangen. Die Palmtops der Frauen vom Mars sendeten nach wie vor. Zudem hatten beide bei ihrer Gefangennahme die Wärmeschutzdecken verloren. So wußten die Piloten der Shuttles genau auf welches Ziel sie schießen mußten. Und weder Jörg noch Pascal waren gewillt, ihre Frauen ein zweites Mal zu verlieren.

Jaqueline überflog unterdessen den Hügel, um sich in eine geeignete Schusspostion zu bringen. Unter ihr kam Assagima wieder auf die Beine. Der Soldat hatte den Schuss zu flach angesetzt, so dass die Kugel nicht in ihren Körper eingedrungen war, sondern sie eingentlich nur gestreift hatte. Viel schlimmer war die Verbrennung durch das Mündungsfeuer. Sie stemmte sich mühsam hoch und sah durch die Tränen das fremde Schiff dicht über dem Hügel. Sie winkte. Trotz der höllischen Schmerzen versuchte sie stehenzubleiben. Jaqueline sah die Gestalt vor sich auf dem Infrarotmonitor. Sie wollte gerade abdrücken, als sie sah, dass die Gestalt keinen Infrarotschutz trug und ihr zuwinkte. Jaqueline beschloß zu landen. Sie setzte vor der Gestalt auf, so dass die Bordkanone auf sie zielte. Dann öffnete sie das Cockpit, zielte mit dem Gewehr auf den Fremden und sagte "Herkommen und keine Tricks, klar!". Assagima verstand die Worte zwar nicht, wußte aber was gemeint war. Sie presste sich die Hand zwischen die Beine und ging los, so schnell es die Schmerzen erlaubten. Jaqueline musste ihr an Bord helfen und erkannte eine junge Frau, die offenbar große Schmerzen litt. Sie stellte den Kopilotensitz in eine halbliegende Posistion und bettete die Verwundete darauf. "Halt noch ein bischen durch, ja. Wir haben hier noch was zu tun", sagte Jaqueline und lächelte. Das Mädchen lächelte schwach zurück. Und murmelte etwas. Jaqueline hob ab und nahm ein Ziel im Wald auf. Feuer! Wieder einer weniger. Sie konnte die hellen Echos von Heike und Nataliya deutlich ausmachen. Jörg und Pascal schossen derweil einen Unsichtbaren nach dem anderen ab. 'Nur die Frauen nicht treffen', hämmerte es in Jörgs Kopf.

Auf dem Boden verstanden die Soldaten des Asgard die Welt nicht mehr. Sie waren mit 100 Mann gekommen. Jetzt waren sich noch zu acht und einer nach dem anderen fiel. Für die Fremden waren sie nicht unsichtbar. Jetzt waren nur noch die beiden Soldaten übrig, die Heike und Natataliya brutal durch das Unterholz trieben. Sie wußten, dass die fremden Frauen ihr einziger Schutz waren. Weiter, nur weiter, irgendwann würde auch den Schiffen der Fremden die Munition ausgehen.

"So hat das keinen Sinn. Aus der Luft kriegen wir sie nicht. Ich gehe runter und versuche es am Boden", funkte Jörg die anderen an. "Okay, ich habe keine Munition mehr. Ich lande neben dir, da vorn auf der Lichtung", gab Pascal zurück. Jaqueline blieb in der Luft, falls sich doch noch die Gelegenheit ergeben sollte, die Kerle von hier oben zu erwischen. Das fremde Mädchen wand sich unter Schmerzen auf ihrem Sitz. Jaqueline überlegte, ob ein Schmerzmittel von der Erde der Frau helfen würde. Äußerlich war sie jedenfalls ein Mensch. Jaqueline beschloss der Frau Paracetamol und ein Beruhigungsmittel zu geben. Sie griff nach ihrer Arzneimitteltasche und nahm eine Flasche Wasser und die Tabletten heraus. Sie bedeutete der Frau die Tabletten in den Mund zu nehmen, dann Wasser zu trinken und zu schlucken. Assagima tat wie ihr geheißen. Zunächst geschah nichts, aber dann spürte sie, wie der Schmerz etwas nachließ. Sie nahm die Hand von Wunde. Jaqueline sah die Verletzung und war schockiert. Wie konnte nur jemand so grausam sein. Sie wurde sich schlagartig bewußt in wessen Hände ihre besten Freundinnen dort unten geraten waren. Schnell ging sie in eine Parkposition und hielt die Bordkanone genau auf die vier Personen auf dem Boden gerichtet. Sollte eines der schwächeren Echos sich auch nur eine Handbreit von den stärkeren entfernen, würde sie sofort schießen.

Jörg und Pascal waren währenddessen von den Soldaten unbemerkt gelandet. Sie suchten sich eine gute Schussposition und begann das Gelände mit den Nachtsichtgeräten zu durchkämmen. Der Soldat, der Heike vor sich hertrieb hatte das Pech einen Kopf größer als seine Geisel zu sein. Im Restlichtverstärker des Nachtsichtgerätes konnte Jörg die beiden Personen genau trennen. Er zielte auf den Kopf des Mannes und drückte ab. Knapp über Heikes Kopf fegte plötzlich ein heller Strahl hinweg. Der eiserne Griff des Soldaten lockterte sich und der Mann kippte nach hinten um. Der letzte verbliebene Soldat machte genau jetzt den entscheidenden Fehler. Er drehte sich von Nataliya weg und schoß auf Heike. An Bord des Shuttles sah Jaqueline, wie sich die beiden Wärmebilder trennten. Sie schoss sofort. Der Soldat wurde von den Füßen gerissen und starb als letzter seiner Truppe. Nataliya lief auf Heike zu, die verletzt am Boden lag. Die letzte Kugel des Soldaten hatte sie unterhalb der Brust getroffen. Hellrotes Blut drang aus der Wunde. Die Lunge musste verletzt sein. Nataliya rief Jörg, der aber schon gemeinsam mit Pascal herangestürmt kam. Sie knieten sich neben der Verletzten nieder. Heike schlug die Augen auf und sah Pascal an. "Keine Angst." sagte sie müde, "Ich schaffe das schon." Dann wurde sie von einem Hustenanfall geschüttelt. Blut trat aus ihrem Mund. Pascal nahm Heike auf den Arm und lief so schnell es ging zu seinem Shuttle. Jörg nahm Nataliya mit.

Im Shuttle setzte er sofort einen Notruf an die Perry Rhodan ab. Um den Rückflug zu verkürzen ging das Mutterschiff in einen niedrigeren Orbit. Die Shuttles jagten in den Weltraum. Pascal flog als erstes in den Hangar ein. Jaqueline folgte ihr. Die beiden verletzten Frauen wurden sofort auf die Krankenstation gebracht. Pascal, Nataliya und Jörg folgten dem Arzt und warteten trotz ihrer Erschöpfung vor der Krankenstation. Später stießen Jaqueline und Bob Zubrin dazu. Nataliyas Gesicht war völlig verschrammt. Der zweite Bordarzt kam nach etwa 20 Minuten und bat sie herein, um nach ihr zu sehen. Er hatte inzwischen Assagima versorgt. An Nataliyas Körper fand er zahlreiche Prellungen, Blutergüsse und Schürfwunden. Deshalb legte er sie gleich in das Bett neben Assagima. Nataliya protestierte zwar heftig, aber der Arzt ließ sich auch von der ersten Pilotin nichts erzählen. Nach einer Stunde bangen Wartens kam der andere Arzt auf den Gang und ging auf Pascal zu, der sofort aufsprang. "Was ist mit meiner Frau? Kann ich zu ihr?" Der Arzt hob beschwichtigend die Hände. "Ich mußte Ihre Frau operieren. Die Lunge ist angekratzt, aber im Moment ist sie stabil. Alles weitere wird sich zeigen, wenn sie aus der Narkose erwacht. Wir müssen sie auf alle Fälle zurück zum Mars bringen, sonst könnte es doch noch kritisch werden. Wenn Sie wollen, können Sie kurz zu ihr. Aber nur Sie und seien Sie leise und vorsichtig!"

Jörg ordnete umgehend den Heimflug an. Ihre Expedition hatte auf Anhieb ihr Ziel erreicht. Sie hatten intelligentes Leben entdeckt. Aber um welchen Preis? Zwei Tote, eine Schwerverletzte und er hätte fast seine Frau verloren. Jörg ging noch einmal in das Krankenzimmer, um Nataliya eine gute Nacht zu wünschen. Sie schlief bereits, ebenso wie die Frau von Trombur. Leise schloß er die Tür hinter sich und merkte nun ebenfalls, wie zerschlagen er sich nach all dem fühlte.
Diesmal starteten zwei Multisonden von der Perry Rhodan. Der Eintrittspunkt wurde gründlichst untersucht. Das gleiche geschah am Austrittspunkt im Sonnensystem. Dabei schickte eine der Sonden auch gleich den ausführlichen Bericht an den Mars und die Erde. Vor dem Eintritt in den Hyperraum fand eine Trauerfeier für die Toten statt. Das machte einmal mehr einem jedem an Bord bewußt, wie gefährlich das Universum war.

Der Rückflug verlief ohne Probleme. Die Landung auf dem Mars verlief recht still. Ansich war das schade, denn die Entdeckung, die ihnen der Zufall beschert hatte, war in ihrer Bedeutung noch gar nicht zu ermessen. Der Bordarzt der Perry Rhodan hatte inzwischen festgestellt, dass Assagima wirklich ein ganz gewöhnlicher Mensch mit allem drum und dran war. Diese Erkenntnis versetzte die Fachwelt in allergrößtes Erstaunen. Wie konnte es sein, dass die Evolution auf zwei völlig voneinander isolierten Welten absolut gleich verlaufen war? Die DNA-Analyse von Assagimas Gewebe zeigte nicht die kleinsten Unterschiede zur menschlichen DNA. Trotzdem fiel es schwer zu glauben, dass ein Wesen von einer unendlich weit entfernten Welt ein Mensch sein sollte. Auch das Verhalten der Frau von Trombur glich in vielem dem der Menschen. Assagima und Heike wurden in das Mars Medical Centre in Mariner City eingeliefert. Beide kamen schnell wieder auf die Beine. Nach zwei Wochen waren die körperlichen Wunden fast verheilt. Man hatte an Assagima eine plastische Operation vorgenommen, um ihre zerschossene und verbrannte Vagina wieder herzustellen. In ein paar Wochen würde sie wieder ganz Frau sein. Eine Frau allerdings fern ihrer Heimat. Und ob die Wunden an der Seele jemals heilen würden, konnte niemand sagen. Heike hatte während der ganzen Zeit mit Assagima auf einem Zimmer gelegen. Die beiden konnten sich inzwischen ziemlich fließend auf Tromburianisch und Englisch unterhalten. Die Sprache der Tromburianer enthielt viele Elemente des altindischen Sanskrit, was ein weiteres Geheimnis unter vielen darstellte. Irgendwo gab es einen Zusammenhang zwischen Trombur und der Erde. Irgendwo tief in der Vergangenheit. Aber bislang fehlten die meisten Stücke zu diesem Riesenpuzzle. Woher kam die Menschheit wirklich? Und gab es noch weitere Welten, die von Menschen bewohnt waren?

Am 04.07.2006 saßen Assagima und Heike gemeinsam in der neuesten Folge von Stories from Space im Studio. Heike hatte Assagima vorher eingehend erklärt, was ein Interview ist und was es mit dem Fernsehen und dem Internet auf sich hatte. Assagima konnte kaum glauben, dass es den Menschen auf dem Mars und auf der Erde möglich war, sich über so viele Dinge zu informieren. Heike wollte mit der Sendung erreichen, dass die Menschheit sich ein Bild von Trombur und den dortigen Zuständen machen konnten. Die Berichterstattung begann mit einem Zusammenschnitt über Trombur. Die Satellitenbilder wurden gezeigt und kommentiert. Die politische Situation auf Trombur wurde erläutert. Dann folgten Bilder von den Kämpfen. Nach der Einführung begann das Interview mit Assagima, dass Heike so gut es ging auf Tromburianisch führte und das synchron übersetzt wurde. Assagima gab bereitwillig Auskunft und richtete sich zum Schluß in englischer Sprache an die Menschheit. "Menschen von der Erde und vom Mars, ich bin hier weit entfernt von meiner Heimat. Ich kann immer noch nicht glauben hier zu sein und es gibt so viele Dinge, die ich nicht verstehe. Eines aber habe ich verstanden, nämlich dass die meisten von Euch frei sind. Ich habe gelernt, was Menschenrechte sind. So etwas hat es auf Trombur nie gegeben. Meine Leute und ich kämpfen dort einen verzweifelten Kampf gegen die grausame Diktatur des Asgard von Yokan, der die Menschen auf Trombur unterdrückt und versklavt. Seht mich an! Ich bin ein Mensch, genau wie ihr. Ich bitte euch, uns zu helfen, damit auch wir in Freiheit und Selbstbestimmung leben können. Denn seht, wir sind ein Volk, eine Menschheit. Bitte Brüder und Schwestern, lasst uns nicht allein!"

Assagimas Appell wurde von Millionen und Abermillionen von Menschen gesehen. Ihr Schicksal und ihr Mut berührten viele Menschen. Heike stellte ihr weitere Fragen zu den Zielen der Rebellen auf Trombur. Dann folgten Fragen über das jetzige Regierungssystem. Die Lage, die von Assagima geschildert wurde, zeichnete ein düsteres Bild des Planeten auf dem die Menschen ihre Brüder entdeckt hatten. Die erste Begegnung zweier intelligenter Zivilisationen gestaltete sich so ganz anders, als sich das irgendjemand vorgestellt hatte. Die Reaktionen auf die Sendung waren vielfältig. Überwiegend gab es Zustimmung, aber auch ablehnende Stimmen waren zu hören. In den folgenden Tagen gab es in fast allen Ländern der Erde intensive Diskussionen darüber, wie man sich Trombur gegenüber verhalten sollte. Die breite Masse der Menschen signalisierte, angetrieben von der Boulevardpresse die Zustimmung zu einem raschen Eingreifen. Die Regierungen waren in dieser Sache wesentlich vorsichtiger. Ihnen fehlte es an verläßlichen Fakten. Alles was vorlag war die Aussage einer einzelnen Frau. Die UNO schaltete sich in die Diskussion ein. Die Vollversammlung in New York erarbeitete einen Vorschlag, wonach eine unabhängige Untersuchungskommission nach Trombur geflogen werden sollte, um sich dort ein Bild von der Lage zu machen. Strikte Nichteinmischung hatte dabei oberste Priorität. Nur wenn die U.N.-Mitarbeiter Angriffen ausgesetzt sein sollten, sei ein militärisches Eingreifen zulässig. Der Vorschlag wich nicht wesentlich vom Verhalten der ersten Expedition nach Trombur ab und fand die breite Zustimmung fast aller Regierungen. Nur die islamische Welt sprach sich dagegen aus. Aus ihrer Sicht stellten die Reise zu einem fremden Planeten und die Behauptung, das dort ein anderes Menschenvolk lebte eine klare Gotteslästerung dar.

Die Untersuchungskommission war nach wenigen Tagen abflugbereit. Diesmal flogen vier Schiffe nach Beta Tauri. Die Perry Rhodan, auf der sich die Kommissionsmitglieder aufhielten, wurde von der Tycho Brahe, der Enrico Fermi und der Niels Bohr begleitet. Fast die gesamte Elite der UPA befand sich auf den anderen Schiffen. Der Hyperraumflug verlief diesmal problemlos. Die Raumschiffe kamen tatsächlich dort an, wo sie hinsollten. Viele Mitglieder der U.N.-Kommission waren das erste mal im All. Der Flug zu einem anderen Stern stellte einen Höhepunkt in ihrem Leben dar, auch wenn ihre Aufgabe alles andere als einfach sein würde.

Über Trombur gingen die Schiffe in eine Umlaufbahn. Jörg, Nataliya und Assagima bestiegen ein Shuttle, das sie nach Krapur fliegen würden. Zur Sicherheit folgten ihnen Pascal, Heike und Jaqueline in einer zweiten Maschine. Die kleinen Schiffe lösten sich von der Niels Bohr und nahmen Kurs auf Trombur. Assagima konnte es kaum erwarten, ihre Leute wieder zu sehen. Nataliya ließ sie das Shuttle fliegen, was ihr sichtliches Vergnügen bereitete. Sie tauchten weit von der Front entfernt in die Atmospähre ein und folgten Assagimas Anweisungen. Schon bald tauchte eine große Stadt vor ihnen auf. "Das ist Gor-Krapur, unsere Hauptstadt", sagte die Frau von Trombur nicht ohne Stolz. Da es auf Trombur keinen Funk gab, konnten sie ihre Landung nicht ankündigen. Trotzdem wurden sie nicht beschossen. Sie landeten vor den Toren der Stadt. Den Marsianern war ziemlich mulmig zumute. Aus der Stadt kam eine lange Fahrzeugkolonne auf die Landestelle zu. Jörg befahl seinen Begleitern in den Shuttles zu bleiben. Er wollte so schnell, wie möglich verschwinden können, falls etwas Unvorhergesehenes geschah.

Assagima lief der Kolonne entgegen. Sie winkte und schrie etwas. "Komisch," sagte Heike, "wenn mich mein Tromburianisch nicht im Stich läßt, ruft sie Vater, Vater." Das Führungsfahrzeug der Tromburianier hatte Assagima erreicht. Ein Mann stieg aus und schloß Assagima in die Arme. Dann stoppte er die Fahrzeuge. Seine Gesten ließen ahnen, dass dieser Mann gewohnt war, Befehle zu erteilen. Die Tromburianer verließen ihre Fahrzeuge. Viele umarmten Assagima und deuteten zu den Shuttles herüber. Assagima drehte sich um und winkte. "Lasst uns gehen", sagte Jörg, "sieht nicht so aus, als ob das da unsere Feinde sind." Tatsächlich trug jeder Tromburianer eine Waffe. Aber keiner zielte auf sie oder machte Anstalten danach zu greifen, als die Marsianer ihre Schiffe verließen. So recht trauten sie sich allerdings auch nicht ran. Sie hatten von gefangenen Soldaten des Asgard gehört, wozu diese Dinger im Stande waren.

Assagima kam ihnen mit dem Mann, der sie so stürmisch begrüßt hatte entgegen. Dabei redete sie ununterbrochen auf ihn ein. Der Mann hörte aufmerksam zu und blickte immer wieder zu den Ankömmlingen herüber. Als sie sich trafen sagte Assagima "Das ist Troganesch, mein Vater und der Präsident unseres Volkes!" Jetzt war klar, weshalb Assagima sie so selbstsicher direkt vor die Tore der Stadt geführt hatte. Troganesch hob eine Hand und lächelte verlegen. Er wollte etwas sagen, aber offenbar gelang ihm das nicht recht. Assagima flüsterte ihm etwas ins Ohr und Troganesch sagte in gedehntem Englisch "Willkommen Freunde." Bevor Jörg etwas sagen konnte fuhr ihm Troganesch mit der Hand durch das Gesicht. Anschließend sah er auf seine Handfläche und schüttelte den Kopf. Er hatte erwartet, das Jörg abfärben würde. Die Marsianer begannen zu lachen. Troganesch zeigte auf Jörg und fiel in das Gelächter ein. Assagima beeilte sich, ihrem Vater ihre Freunde vorzustellen. Troganesch nickte jedem freundlich zu und machte eine einladende Geste ihm zu folgen. Bei seinen Leute angekommen hob er die Hand, zeigte auf Jörg und sagte etwas. Daraufhin fing der ganze Verein an zu lachen. "Er hat gesagt, dass du wirklich nicht abfärbst", übersetzte Heike. Jetzt prustete auch Jörg los. Als sie sich in der Mitte der Tromburianer befanden, wollte es trotzdem jeder selber wissen. Etliche Hände strichen durch die Gesichter der Fremden.

Auf der Fahrt durch die Stadt, gab Assagima fortwährend Erklärungen für die Gäste ab. Sie kamen vor einem Haus an, dass sich nur wenig von den Nachbarhäusern unterschied. "Hier wohnen wir", erklärte Assagima. Drinnen wartete Assgimas Familie, bestehend aus ihrer Mutter Nassajima und ihren Brüdern Ogunesch und Trogan. Die Begrüßung fiel ähnlich aus, wie bereits vor der Stadt. Die weißen Fremden färbten wirklich nicht ab. Die Einrichtung des Hauses sah beinahe irdisch aus. Wieder eine dieser seltsamen Parallelen, für die es keine Erklärungen gab. Assagima begann sofort damit, ihrem Vater zu erläutern, dass im All eine Delegation der Erdmenschen wartete, deren Aufgabe es sei, sich ein Bild von der Lage auf Trombur zu machen. Aufgrund dieses Berichtes würde man dann auf der Erde und auf dem Mars entscheiden, ob und wie man den Tromburianern helfen würde. Troganesch hörte mit ernstem Gesicht zu. Er sagte etwas zu Ogunesch, der darauf hin das Haus verließ und kurze Zeit später mit einem Mann und einer Frau wiederkam. Assagima erklärte, dass Deranesch und Tarasima die Stellvertreter ihres Vaters seien und das er sich mit ihnen berate wolle. Nassajima reichte jedem ein Getränk. Jörg kostete und sagte erstaunt "Das ist ja Kaffee!"

Die Beratung dauerte nicht lang. Troganesch nickte Assagima zu und deutete auf Jörg. Assagima erklärte, dass die Kommission in Krapur willkommen sei. Die Erdmenschen sollten sich frei bewegen und alles anschauen dürfen. Nur in die Nähe der Front wollte man sie nicht lassen. Dort sei es zu gefährlich, weil immer wieder Truppen des Asgard angriffen. Ansonsten gab es keine Beschränkungen. Jörg nahm seinen Palmtop und stellte eine Verbindung zur Perry Rhodan her. Bob Zubrin's Gesicht erschien auf dem Display, was die anwesenden Tromburianer in helles Entzücken versetzte. "Alles klar, Bob. Die Führung der Tromburianer ist einverstanden. Vor der Stadt stehen unsere Shuttles. Dort könnt ihr auch landen. Wir kommen dann mit dem Präsidenten von Krapur und seinen Stellvertretern an Bord der Perry Rhodan und stellen ihnen die Kommission vor. Und macht euch keine Sorgen, die Leute hier sind in Ordnung." Bob Zubrin streckte den Daumen hoch, eine Geste, die auf Trombur unüblich war und von den Anwesenden sofort imitiert wurde. "Endlich mal gute Nachrichten von dieser Welt. Wir sind in 30 Minuten bei euch", antwortete Zubrin. Jörg schaltete ab und nickte Troganesch zu. Der hob den Daumen und lächelte. Jörg erwiderte die Geste und sagte zu Assagima, "Sag deinen Leuten, das unsere Schiffe jetzt landen. Ihr seid herzlich eingeladen, uns zu begleiten." Assagima übersetzte und Troganesch streckte wieder den Daumen hoch. Sie verließen das Haus und bestiegen die Fahrzeuge, die sie hergebracht hatten.

Vor der Stadt hatten sich währenddessen zahlreiche Tromburianer versammelt und betrachteten aus der Ferne die Shuttles. Keiner traute sich näher an die Beiboote heran. Die Fahrzeuge bahnten sich einen Weg zum vorgesehenes Landeplatz. Hoch oben am Himmel war eine Kugel erkennbar, die schnell größer wurde. Daneben näherten sich die anderen Marsschiffe. Zeitgleich setzte der Raumschiffverband vor der Stadt auf. Die Menschen wichen vor den riesigen Schiffen zurück. Die Perry Rhodan überragte jedes Gebäude in Gor-Krapur. Troganesch blickte staunend und zutiefst beeindruckt auf das Marsschiff. Dort öffneten sich jetzt die Luken und die Laufbänder wurden heruntergefahren. Auch auf den anderen Raumschiffen wurden die Luken geöffnet. Bob Zubrin und Kristian Pauly verließen ihre Schiffe und winkten herüber. Heike stieß Troganesch an und sagte, "Lasst uns gehen." Der Präsident von Krapur lächelte unsicher und reckte den Daumen hoch, der diesmal merklich zitterte.

An den Schiffen angekommen wurden sie von Bob und Kristian begrüßt. Bob Zubrin ging vor und betrat das Laufband. Er winkte den anderen einladend zu, woraufhin Troganesch seinen Mut zusammen nahm und ebenfalls das Band betrat. Plötzlich auf einem Untergrund zu stehen, der sich bewegte war der Tromburianer jedoch nicht gewohnt. Er ruderte mit den Armen, kämpfte um sein Gleichgewicht und fiel schließlich auf den Hintern. Ausser Assagima erging es allen Tromburianern so. Sie erreichten sitzend die Luke, wo Bob und Kristian ihnen aufhalfen. Troganesch betrat das Schiff und blickte sich um. Die seltsame Umgebung bereitete ihm Unbehagen. Vor ihm lag ein kurzer Gang, der keine Türen zu haben schien. Die Marsianer gingen vor, direkt auf die Rückwand des Ganges zu, die sich plötzlich öffnete. Dahinter lag ein kleiner Raum ohne erkennbare Einrichtung. Zubrin bat die Gäste hinein. Als alle dichtgedrängt in der Kabine standen, betätigte Heike einen der Knöpfe in der Wand. Die Tür schloß sich wieder, was von den Tromburianern mit erstaunten Ausrufen registriert wurde. Dann schien sich der Raum zu bewegen. Die Tromburianer suchten an den Wänden nach halt und griffen sich in die Magengegend. Assagima amüsierte sich prächtig. So ein Aufzug war eine tolle Sache.

Der Raum hielt genauso plötzlich an, wie er losgefahren war. Die Tür glitt wieder auf und gab den Blick in einen großen Saal frei. Die Tromburianer tapsten unsicher hinaus. Bis jetzt gestaltete sich ihr Besuch bei den Fremden als außerordentlich merkwürdig. Im Saal standen viele Männer und Frauen, die interessiert zu den Gästen herübersahen. Troganesch stellte erstaunt fest, dass einige noch dunklere Haut als er hatten. Die Troburianer blieben in der Nähe des Aufzuges stehen und sahen sich in der fremdem Umgebung um. Auf der Rückseite befand sich eine Bühne, auf der ein kleiner Tisch mit einer gebogenen Stange darauf stand. Heike bedeutete den Neuankömmlingen sich zur Bühne zu begeben. Dort führte zum Glück eine kleine Treppe hinauf. Die Tromburianer blieben auf der Bühne stehen und sahen auf die Menschen herab, die sie freundlich und offen ansahen. "Ich stelle euch jetzt vor", sagte Heike zu Troganesch. Sie trat an den kleinen Tisch und bog die Stange zu ihrem Mund herunter. Dann sprach sie in ihrer eigenen Sprache in die Stange. Ihre Worte ertönten in donnernder Lautstärke. Die Tromburianer hielten sich erschrocken die Ohren zu. Heike sprach eine Weile und zeigte dann auf Troganesch. Der nahm vorsichtig die Hände von Ohren und ging zu Heike herüber. Die Menschen sahen ihn alle an. Er reckte den Daumen nach oben und sagte "Willkommen, Freunde!" Die Menschen klatschten in die Hände. Das war auch auf Trombur das gängige Zeichen für Beifall. Heike stellte die anderen Gäste vor und bat Samantha Shore, die Leiterin der UNO-Kommission zu sich auf die Bühne. Assagima übersetzte die folgende Rede so gut sie konnte. Anschließend gab es unten Getränke und einen Snack. Troganesch sah erstaunt in seine Tasse. "Das ist ja Kaffee!", sagte er auf Tromburianisch und schüttelte verwundert den Kopf.

Der Saal wurde plötzlich dunkel. Dafür leuchtete die Wand hinter der Bühne auf. Der Versammlungssaal an Bord der Perry Rhodan verfügte, wie die Zentrale über einen Großbildschirm. Ein Film über die Erde, den Mars und Blue Heaven lief an, den Heike und Assagima auf Tromburianisch und Englisch vertont hatten. Die Gäste bekamen ein Kaleidoskop der Welten zu sehen, von denen die Riesenschiffe nach Trombur gekommen waren. Die Menschen von Trombur sahen den ersten Film ihres Lebens. Sie lachten, zeigten erstaunt auf die bewegten Bilder und bedeuteten sich immer wieder gegenseitig still zu sein. Nach dem Film standen Menschen und Tromburianer bunt gemischt zusammen. Sie gestikulierten miteinander, lernten die ersten Worte vom jeweils anderen und tauschten kleine Andenken aus. Kugelschreiber waren bei den Tromburianern besonders beliebt. Tromburianische Geldwürfel interessierten die Menschen am meisten. Samantha Shore kam zu Jörg herüber. "Diese Leute scheinen echt okay zu sein. Wenn hier die menschliche Psychologie nicht völlig versagt, dann ist ihre Offenheit nicht gespielt. Und so wie die sich untereinander verhalten, scheint es in diesem Teil Tromburs keine Diktatur zu geben", unterrichtete ihn die Diplompsychologin der UNO. "Das glaube ich auch. Mein Bauch bestätigt Ihre Analyse voll und ganz", gab Jörg zurück, "Apropos Bauch; ich habe Hunger."

Nach dem Empfang folgte eine Schiffbesichtigung. Die Gäste staunten, staunten wieder und waren am Ende sichtlich erschöpft. Troganesch sah zu Bob Zubrin herüber und sagte "Aufzug scheiße!" Ihm war hundeelend zumute. Vor allem dann, wenn er an das Laufband dachte, das ihn gleich aus dem Schiff bringen würde.

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